Führung zu und Informationen über die Thermalbrunnen der Landeshauptstadt

Dr. Georg Mittelbach (Mitte) berichtet auf dem Wiesbadener Kranzplatz über die Thermalquellen Wiesbadens. - Foto: Neugebauer

Von Sabine Neugebauer, 16. August 2022

Wiesbaden. Mit seiner Temperatur von etwa 70 Grad Celsius ist Wiesbadens Kochbrunnenquelle eine der heißesten Thermalquellen in Deutschland. Dies berichtete Hydrogeologe Dr. Georg Mittelbach vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie bei der Thermalquellenführung am Mittwoch, 10. August. Hierzu hatte der Nassauische Verein für Naturkunde (NVN) eingeladen. Der Vorsitzende des NVN, Dr. Helmut Arnold, begrüßte etwa 20 Interessierte zu dieser „heißen Angelegenheit“.

Schmunzelnd berichtete Mittelbach zunächst von der Sage um den Riesen Ekko, der einen Drachen mit seinem Speer verfolgte, schließlich stürzte und so mit dem Abdruck seiner Hand und seines Unterarms für die Ausformung der Täler Wiesbaden sorgte. Und mit seinem Speerstoß die heiße Quelle zum Sprudeln brachte. An dieser Geschichte wolle er sich bei der Führung „entlanghangeln“, so der Hydrogeologe.

Aber zunächst klärte er die Begriffe: Mineralwasser müsste einen bestimmten Lösungsinhalt aufweisen, Thermalwasser müsste mit über 20 Grad Celsius aus dem Boden sprudeln und Heilwasser dürfte nur nach der Feststellung einer Heilwirkung durch ein Ärztegremium so genannt werden.

Dann erklärte Mittelbach, warum gerade hier solch eine heiße Quelle entstanden sei. Dazu ging er kurz auf die geologische Vorgeschichte mit den beiden Urkontinenten Laurussia im Norden und Gondwana im Süden ein, die aufeinander zu drifteten und ein Meer einschlossen. So seien im Laufe der Jahrmillionen hier senkrechte Brüche im Gestein entstanden, die sich bis in 5000 bis 6000 Meter Tiefe nachvollziehen ließen.

Hier müsse man aber „nur“ etwa 2000 Meter tief hinunter, um auf Temperaturen von 70 Grad Celsius zu treffen. Diese Brüche kommen am Südrand des Taunus an die Erdoberfläche, so dass hier eine Linie von Thermalquellen erkennbar ist. Die Temperatur dieser Quellen nimmt nach Osten ab.

Unter dem Pavillon im Hintergrund sprudelt die „sanierte Primärquelle“ des Kochbrunnens, die auch den Brunnen im Vordergrund speist. – Foto: Neugebauer

„Wo kriegen wir große Mengen Salz her?“, sei das nächste Problem, so Mittelbach. Die Bruchlinie ziele zwar genau auf das Kaligebiet im Osten Hessens, aber da liege der Vogelsberg dazwischen. In Richtung Süden gebe es mit dem Rheingraben aber ein sich öffnendes System, das bis zu den Kali-Vorkommen von Elsass-Lothringen reiche. „Das wäre ein leichte Erklärung“, sagte der Hydrogeologe. Und das Aufsteigen des salzigen Thermalwasser erklärte er mit dem „Gas-Lift“: unter Druck stehendes, mit Gas beladenes Wasser steigt auf, wenn der Druck nachlässt, wie in einer Sprudelflasche. So ist es auch hier in den Klüften der Fall. „Wenn das Wasser sich abkühlt fallen die Mineralien aus, das Wasser zementiert sich seinen Weg“, erklärte der Hydrogeologe, warum es nur einen natürlichen Aufstiegspunkt gegeben habe.

Durch die lange Besiedlungszeit gebe es hier auf der natürlichen Kies- und Schotterlage von etwa drei Metern Dicke noch eine drei Meter dicke Schicht an Kulturschutt. In der Kies- und Schotterlage fließe das kühle und nicht salzhaltige Grundwasser und vermische sich mit dem Thermalwasser. Schon vor einiger Zeit sei man auf die Idee gekommen, das Thermalwasser über eine Bohrung an die Oberfläche zu befördern, damit es keinen weiteren Einflüssen ausgesetzt ist. So entstand eine „sanierte Primärquelle“, wie es im Fachjargon heiße. Insgesamt gebe es vier solcher Bohrungen etwa im Verlauf der Langgasse, die einer geologischen Störung folge.

Alle übrigen Brunnen seien sogenannte Sekundärquellen gewesen, die durch Grabungen in die Kies- und Schotterschicht erfolgt seien. Die 27 immer genannten Quellen in Wiesbaden seien eine Momentaufnahme gewesen. Von diesen Sekundärquellen gebe es nur noch die Drei-Lilien-Quelle, zu der die Gruppe anschließend hinwanderte.

Weiter ging es noch zum Bäckerbrunnen, der heutzutage aus der Quelle im Kaiser-Friedrich-Bad gespeist werde, so Mittelbach. Früher sei es eine Sekundärquelle gewesen, die ihren Namen von den zahlreichen Bäckern in der Umgebung erhalten habe, die das Wasser, warm und salzig, für ihren Sauerteig nutzten. Aber aufgrund hygienischer Probleme sei die Wasserversorgung umgestellt worden.

Probleme gibt es durch das Wasser im Untergrund auch beim Bauen. Keller seien hier in der Innenstadt nicht möglich, nur flache Kriechkeller zur Unterlüftung der Gebäude. Das gesamte Thermalgebiet erstrecke sich im Prinzip von der Langgasse bis zum Salzbach, in den die Kiese im Untergrund entwässern.