Ein prickelnder Hauch von Abenteuer

Mit dem Hundeschlitten durch den Taunus

Impressionen einer Hundeschlittenfahrt. - Fotos: pit

Von Petra Pfeifer, 21. Januar 2024

Weilrod. Es ist wieder kalt geworden. Frostig kalt. Nicht alle Zwei- und Vierbeiner freut das, doch es gibt tatsächlich auch hierzulande Wesen, die total begeistert sind, denn sie sind endlich wieder in ihrem Element: eisiger Winter. Um sie ein wenig näher kennenzulernen, habe ich mich auf den Weg nach Weilrod-Emmershausen gemacht.

Nach knapp einer halben Stunde Fahrtzeit und einem ersten Kennenlernen in der heimischen Küche freue ich mich mit Rudelchefin Anja Ries an der Seite wenig später über die sichtliche Begeisterung der Sibirian Huskys Ayuna (3,5 Jahre), Ayumi (6), Antje (6), Ajana (3,5), Bragi (1), Rocky (2), Vidar (4) und Mumin (2), als wir zu ihrem Zwinger kommen. Hoch aufgerichtet, mit den Vorderpfoten an das Gitter des 200 Quadratmeter großen Zwingers gelehnt, aufgeregt bellend und Schwanz wedelnd können sie es kaum erwarten, dass sie ihnen dessen Tür öffnet, um sie für eine Schlittenfahrt „anzukleiden“. So groß ist die Freude, dass sie auch auf mich von allen Seiten zukommen, um mich in ihrem Kreis zu begrüßen und kurzerhand ins Rudel aufzunehmen. Nicht eines der Tiere zeigt sich irritiert, als ich mit Hand anlege, um die Geschirre für die Ausfahrt zu präparieren. Gut ausgebildet, wie sie sind, wissen sie ohnehin schon bestens, wie sie Kopf und Pfoten halten müssen, damit dieses Procedere so schnell wie möglich erledigt ist.

Schließlich gilt es, jeden Moment dieser wunderschönen Jahreszeit auszunutzen, die für manchen Auto- und ÖPNV-Fahrer eher ein Graus ist. Denn jetzt können sie voller Elan zeigen, was in ihnen steckt, sich so richtig austoben. „Unsere Saison ist auf die Monate Oktober/November bis März begrenzt“, erläutert Anja Ries, die vor elf Jahren mit dem heute zwölf Jahre alten Tyson mit dem Schlittenfahren angefangen hat. Bei ihm handle es sich um einen Malamute, eine Rasse, die als Lastenzieher gezüchtet wurde. „Winook, ebenfalls ein Malamute, zog wiederum ein, als Tyson 1,5 Jahre alt war und seither ist das Rudel stetig gewachsen.“ Diese beiden Herren sind mittlerweile im Ruhestand, tummeln sich aber gerne zwischen den heute aktiven Kameraden. Und da der Labrador und der Terrier von Martin, dem Lebensgefährten von Anja Ries, ebenfalls dabei sind, umgeben uns bei dem gesamten, wohl strukturierten Getümmel insgesamt zwölf Fellnasen, die allerbester Laune und voller Vorfreude sind.

Dann ist es endlich so weit, das Gartentor öffnet sich, die Tiere ziehen auf Zuruf den Wagen nach draußen, um dann innezuhalten, bis das Tor wieder geschlossen ist. Währenddessen bekomme ich von Anja Ries noch eine Vorwarnung: „In den vereisten Kurven könnte man das Gefühl bekommen, dass der Wagen abrutscht oder kippt, doch das wird nicht der Fall sein.“ Und dass wir die Fahrt überhaupt mit einem Wagen machen, hat seinen guten Grund: „Ich habe zwar einen Schlitten, doch auf dem spürt man jeden Stein auf dem Weg.“ Die luftgefüllten vier Räder unter dem Wagen dämpfen das deutlich ab.

Schließlich gibt es kein Halten mehr, die Tiere erhalten ihr „Go!“ und galoppieren los. Fast könnte man meinen, dass sie das Gewicht des Schlittens und der Menschen darauf – immerhin insgesamt gut 180 Kilogramm – überhaupt nicht spüren. Doch nach ein paar Kilometern stellt Anja Ries fest: „Vidar ist gerade ein wenig erschöpft.“ Überhaupt sei aufgrund des späten Wintereinbruchs das ganze Gespann noch nicht auf seinem Höchstniveau. Aber auch dies sei kein Grund zur Sorge oder gar für eine Pause: „Wenn ein Tier zwischendurch ermüdet ist, läuft es einfach mit und zieht nicht mehr.“ Tatsächlich hängt die kurze Leine, die Vidar mit dem Zuggeschirr verbindet, vorübergehend leicht durch.

Und dann zurückgelehnt auf dem Wagen halb sitzend, halb liegend einfach mal genießen: Hui, was ist das eine Freude, von so prachtvollen Tieren in rasantem Tempo durch die winterliche Landschaft gezogen zu werden! Noch dazu, wenn die Begeisterung der Fellnasen so sichtbar ist. Leithündin Ayuna hört schlagartig auf die Kommandos, das Rudel folgt ihr, ohne zu zögern nach rechts, links oder bremst auf „Halt!“. „Sie ist aber nicht die Einzige, die als Leithund ausgebildet wurde oder wird“, erklärt Anja Ries. Das könne fatal sein, wenn sie mitten auf einer Strecke ausfalle, denn dann wären die übrigen Tiere führungslos und man stecke fest.

Das wäre im Taunus, je nach Gegend und Handyempfang, vielleicht noch zu bewältigen, doch Anja Ries und ihr Lebensgefährte wollen auch an mehrere hundert Kilometer langen Wettkämpfen in Skandinavien teilnehmen: „Wenn wir so einen bestreiten wollen, wird es sich um eine Reise von rund drei Wochen handeln.“ Denn die Tiere müssen akklimatisiert werden, um bei deutlich niedrigeren Temperaturen ihr Bestes zu geben. Doch auch sie, nicht allein die Menschen, hätten erfahrungsgemäß ihren Spaß daran, was Neues geboten zu bekommen. Übrigens: „In Deutschland sind solche Gespann-Rennen immer weniger geworden, hier finden überwiegend Sprint-Wettkämpfe mit ein oder zwei Hunden statt“, berichtet Anja Ries. Das hänge in erster Linie mit den damit verbundenen Kosten zusammen.

Apropos Kosten: Wer einmal erleben möchte, wie sich so eine Schlittenfahrt anfühlt, kann eine solche Tour bei Anja Ries buchen. Die kleine, auf die sie mich mitgenommen hat und für die man gut zwei Stunden Zeit mitbringen sollte, kostet 85 Euro, wobei Kinder unter acht Jahren kostenfrei mitfahren können. Im Grunde aber ist der Wagen lediglich für einen Mitfahrer geeignet: „Wenn zwei Personen eine Schlittenfahrt unternehmen möchten, muss ich einen Kollegen bitten, mit seinem Gespann mitzufahren.“ Das lohnt aber aufgrund der Anreise für ihn eigentlich erst für die große Tour über 25 bis 40 Kilometer, die 130 Euro pro Person kostet: „Ab nächster Saison wird es aber besser, denn bis dahin dürfte der von mir bereits bestellte Wagen da sein, in dem zwei Personen mitfahren können.“

Unter dem Namen „of Wolfheart“ bietet Anja Ries nicht allein Schlittenfahrten, entsprechende Workshops oder im Sommer Wanderungen mit den Hunden an, sie näht darüber hinaus auch Alltags- und Trail-Geschirre für Fellnasen. Die werden jeweils individuell und gerne nach Maß angefertigt und können mit Namenszug oder Telefonnummer bestickt oder mit eigens gewählten Ringen und Karabinern versehen werden. Im Angebot befinden sich ebenfalls passende Leinen fürs „normale“ Gassigehen oder für den Zugsport. Erreichbar ist Anja Ries unter Telefon 01525 2427462 oder E-Mail an ofwolfheart@gmx.de.