24. Oktober 2023

Usingen (pit). Am 21. September 2023 wäre „Geigerkönig“ August Wilhelmj, der in Usingen das Licht der Welt erblickte, 178 Jahre alt geworden. Das nach ihm benannte Musikinstitut (AWM) wurde an diesem Tag zarte vier Jahre alt. Gerne werfen die Gründer einen Blick zurück auf das Entstehen der Idee und des Musikinstituts sowie die damit verbundenen Ziele. „Erst in dem Moment als ich die Bankkarte für das notwendige Geschäftskonto von Herrn Schmidt überreicht bekam, war das AWM für mich tatsächlich Realität geworden“, schmunzelt Yvonne Smeulers, geschäftsführende Direktorin des AWM und Geigensolistin, mit Blick auf Christian Schmidt, Regionaldirektor der Frankfurter Volksbank Usingen, eine der Sponsorinnen des Instituts seit seiner „Geburt“.

Mario Liepe – er ist Diplom-Musikpädagoge, hat schon mehrere Musikinstitutionen geleitet und ist auch in der Institutsleitung des AWM tätig – geht zunächst auf die Idee hinter der Gründung des Instituts ein. „Sie existiert schon sehr lange, da wir im Hochschulbereich wahnsinnig viel Reparatur zu leisten haben, was in der frühen Musikbildung bei unseren Schülern versäumt wurde.“ Der Plan ist daher, an der „Wurzel mit der Reparatur“ zu beginnen, denn das Problem sei auch beim deutschen Profimusiker-Nachwuchs zu erkennen, der im internationalen Vergleich nicht mithalten könne.

Was also liegt da näher, als sich das Motto „Train the Trainer“ auf die Fahne zu schreiben, möglichst viele Multiplikatoren wie Erzieher:innen und Lehrer:innen zu befähigen, ihren Schützlingen grundlegende Musikkenntnisse qualifiziert zu vermitteln.

So begab man sich zusammen mit der Stadt Usingen und dem Hochtaunuskreis auf den (langen) Weg, das gemeinnützige August Wilhelmy Musikinstitut ins Leben zu rufen. Und seit 2019 ist es bundesweit die einzige zertifizierte musikalische Bildungseinrichtung, die Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bis zur Hochschulreife eine umfassende musikalische Bildung in Praxis und Theorie ermöglicht und zugleich durch Weiterbildungsstudiengänge Qualifikationen vermittelt, die die Tätigkeit als Musikerzieher:in, Musiker:in oder Musikwirt:in sicherstellen. Der Fokus liegt dabei auf Talentsichtung, Talentförderung und Talentausbildung.

Raymond Bennett ist „Geprüfter Musikerzieher“

Erster Absolvent des fünfsemestrigen Studiengangs im Profil I „Geprüfter Musikerzieher/geprüfte Musikerzieherin“ ist nun Raymond Bennett, der vor Kurzem von Bürgermeister Steffen Wernard seine Zeugnisurkunde erhalten hat. Unterstützt hat diese Ausbildung die Syna, die mit insgesamt 2000 Euro die Gebühren für die ersten acht Monate übernahm. Raymond Bennett unterrichtet an der Swiss International School in Oberursel und ist sichtlich begeistert: „Es wurde sehr viel Wert daraufgelegt, nicht in der Theorie verhaftet zu bleiben.“ So hieß es zum Beispiel direkt am Klavier – ein Instrument, das er vorher noch nie gespielt hatte – die Akkorde eines Liedes zu spielen, und um die Fragestellung, wie man ein solches Stück Kindern praktisch vermitteln kann: „Und das wurde umgehend mit ihnen in der Praxis angegangen.“

In weiteren Verläufen wurden solche musikalischen Werke auf andere Kunstgattungen übertragen, zum Beispiel wurde das Schattenspiel „Frau Holle“ entworfen, die Requisiten hierfür gebaut: „Es entstand eine Mischung aus Literatur, Kunst und Musik. Und die Ausbildung hat es ermöglicht, dass die Kinder alles einsetzen konnten, was sie gelernt haben. Das ist einfach handfest!“ Somit werde den Kindern durch die Multiplikatoren etwas an die Hand gegeben, was sie praktisch addieren können.

Gerne erläutert Florian Bienias, Kommunalmanager der Syna, warum das Unternehmen sich hierbei gerne engagiert hat: „Wir haben unseren Fokus auf der Jugend und nachhaltigen Projekten. Eine Nachausbildung von Lehrern hilft sehr.“ Kinder auf der von AWM vertretene Weise „abzuholen“ sei eine Steigerung des gemeinsamen Singens: „Dass sie sich selbst Musikinstrumente unter Anleitung erarbeiten, kommt sonst zu kurz.“

Ein weiterer Sponsor ist das Usinger Unternehmen Pikatron. „Meine Frau ist Lehrerin und daher weiß ich, dass solche Fortbildungen stark reduziert werden.“

Ganz im Sinne von August Wilhelmj

Aktuell gehören zwölf Dozent:innen dem AWM an und sind dabei ganz im Sinne des Namensgebers des Instituts tätig, der Kinder auch unentgeltlich unterrichtet hat. „So wie ihm ist es uns wichtig, dass jedes Kind die Möglichkeit zur musikalischen Förderung erhält“, erläutert Mario Liepe. Zwar müsse das gemeinnützige, private Musikinstitut Studiengebühren erheben, doch zum Beispiel sind Eltern stets eingeladen, bei den Kursen, die in den jeweiligen Einrichtungen gegeben werden, zuzuhören und sich einzubringen.

Die Stadt Usingen selbst hat das AWM für drei Kitas engagiert und auch der Hochtaunuskreis fördert das Programm. „2024 wollen wir mit der Stadt voraussichtlich konkrete Fortbildungsseminare mit allen Erzieher:innen durchführen“, so Mario Liepe. Ziel seien zertifizierte Musikkindergärten ganz nach dem Vorbild des Musikkindergartens, der von Daniel Barenboim in Berlin-Mitte gegründet wurde, der bis zum 31. Januar 2023 Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden war.

Zwar fänden die Ausbildungen derzeit hauptsächlich in Usingen statt, doch das AWM soll langfristig wachsen: „Hierfür sind die Expertise und die Erfahrungen, die wir hier sammeln extrem wichtig.“

Kostenfreier Transfer zum Gedenkkonzert am 13. November in Wiesbaden

Sehr würdig gefeiert wird der Jahrestag des „Geigerkönigs“ und des August Wilhelmj Musikinstituts zeitversetzt am 13. November 2023 im Friedrich-von-Thiersch Saal im Wiesbadener Kurhaus. Hierfür wird sogar ein kostenfreier Transfer ab Usingen angeboten – Anmeldefrist hierzu ist der 30. Oktober 2023. Nähere Informationen gibt es in unserem Beitrag „Das dritte Wilhelmj-Anniversary-Concert gelangt im Kurhaus Wiesbaden zur Aufführung“.