Der BUND bittet dringend: Wildkätzchen im Wald lassen

Wildkätzchen mit Mutterkatze. - Foto: Helmut Weller -blickpunkt natur

3. Mai 2022

Überregional (ut). Frühlingszeit ist Jungtierzeit – auch bei der Europäischen Wildkatze. Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Hessen) warnt in dem Zusammenhang vor der Verwechslungsgefahr zwischen Haus- und Wildkatze. Immer wieder kommt es zu folgenschweren Fehleinschätzungen, weil wohlmeinende Spaziergänger:innen junge Wildkatzen aus dem Wald mitnehmen.

„Jetzt im Mai werden die jungen Wildkatzen mobil und spielen gern vor ihrem Versteck. Diese Tiere sind nicht hilflos und verlassen – ihre Mutter ist nur auf Mäusejagd und kommt bald zurück“, sagt Susanne Steib, Wildkatzenexpertin beim BUND Hessen. Stoßen Wandernde in dieser Zeit auf graugetigerte Kätzchen im Wald, sollten sie die Jungtiere in Ruhe lassen und sich zügig entfernen. Dann ist die Chance am höchsten, dass die Mutterkatze nicht irritiert wird und bald zurückkehrt.

„Wildkatzen sind streng geschützte Wildtiere, sie sind nicht zähmbar. Im Wald aufgesammelte Jungkatzen werden schnell sehr kratzbürstig. Bestenfalls werden sie dann als Wildkatze erkannt und landen in speziellen Auffangstationen. Doch nicht immer wird der Irrtum schnell erkannt“, so Steib. Landen die Wildkatzen in Privathaushalten oder Tierheimen, sind oft schwere Verhaltensstörungen die Folge. Die Haltung von Wildkatzen ist generell verboten.

Nur in seltenen Ausnahmefällen sind die aufgefundenen jungen Wildkätzchen im Wald tatsächlich in Not. Bei Unsicherheiten sollten Spaziergänger:innen zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zurückkehren, um die Situation erneut zu bewerten. Hat sich die Situation für die Wildkatze nicht verbessert, sollte die untere Naturschutzbehörde im Landkreis oder den BUND Hessen kontaktiert werden.

Vielerorts in Hessen hat der BUND gemeinsam mit den Naturparken, aber auch dem Nationalpark Kellerwald-Edersee und dem Biosphärenreservat Rhön Infoschilder an Wanderparkplätzen und weiteren hoch frequentierten Plätzen angebracht, um auf diese Problematik hinzuweisen.

Neben der Verwechslungsgefahr mit Hauskatzen gibt noch ein weiteres Problem für junge Wildkatzen: Wildkatzenmütter brauchen naturnahe, vielfältige Wälder mit viel Totholz, um ihre Jungen sicher verstecken zu können. Finden sie keine natürlichen Verstecke, werfen sie ihre Jungen auch oft in Holzstapeln am Wegesrand. Werden die aufgeschichteten Baumstämme dann abtransportiert, kommen die Jungtiere oft um. Mittlerweile werfen viele Wildkatzenmütter auch immer öfter ein zweites Mal im Spätsommer. Während der Aufzuchtzeit zwischen März und September sollten geerntete Holzstämme in Wildkatzengebieten daher entweder ohne Lagerung sofort abtransportiert werden oder die Holzstapel liegengelassen werden. Auch sollte vermieden werden, Flächen mit umgestürzten Bäumen im Frühling und Sommer mit schwerem Gerät zu räumen, da Wildkatzen hier besonders gerne ihre Jungen verstecken. Da aktuell aufgrund von Dürre, Sturmschäden und Borkenkäferbefall viel Holz aus den Wäldern geholt wird, ist diese Problematik von besonderer Bedeutung.

Hintergrund

Graugetigerte Hauskatzen sehen Europäischen Wildkatzen oft sehr ähnlich. Unsere Hauskatzen stammen jedoch nicht von der Wildkatze ab, sondern von der Afrikanischen Falbkatze. Erst die Römer brachten die Hauskatzen zu uns. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Wildkatze schon hunderttausende Jahre in unseren Wäldern. Hauptmerkmale der erwachsenen Wildkatzen sind ihr sehr buschiger Schwanz mit klar abgesetzten dunklen Ringen und die verwaschene Zeichnung auf cremefarbenen Fell. Oft wirkt sie auch etwas größer und massiger als eine Hauskatze. Bei Jungtieren ist die Unterscheidung allerdings noch schwieriger. Sehr auffällig ist aber ihr Verhalten: Wildkatzen sind ausgesprochen scheu, wild und heimlich. Nachdem sie vor hundert Jahren bei uns fast ausgerottet war, kehrt die Wildkatze mittlerweile in viele ihrer ursprünglichen Lebensräume zurück.

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