„Putins mediale Fürsprecher“ - Onlinevortrag mit dem Trierer Politikwissenschaftler Prof. Dr. Markus Linden

27. Mai 2022

Rheingau-Taunus-Kreis (ut). Wer derzeit in den sozialen Medien unterwegs ist, findet insbesondere in den Kommentarspalten zu Hilfs- oder Solidaritätsaktionen für die Ukraine regelmäßig Anlass, sich zu wundern. Dort ist von „fake news“, Desinformation und westlicher Kriegspropaganda in den deutschen Medien die Rede, von der deutschen „Lügenpresse“ und den Opfern ihrer Narrative. Man müsse sich – so raten viele Kommentatoren – über die Geschichte der Ukraine informieren, um die aktuellen Ereignisse im Osten Europas überhaupt erst richtig einordnen zu können. „Immerhin müsse ein Buch auch ab dem ersten Kapitel gelesen werden, um dessen Inhalte zu verstehen“, so deren Aussagen.

Was auf Seiten – wie „Rubikon“, „Multipolar“ oder „Nachdenkseiten“ – zum Krieg in der Ukraine berichtet wird und wer die Urheber derartiger Alternativmedien sind, dazu konnten sich Interessierte im Rahmen eines von der AWO Rheingau-Taunus Soziale Arbeit gGmbH organisierten und durch die Partnerschaft für Demokratie im Rheingau-Taunus-Kreis geförderten Onlinevortrags unter dem Titel „Putins mediale Fürsprecher“ mit dem Trierer Politikwissenschaftler Prof. Dr. Markus Linden unlängst informieren. Linden wies dabei auf die sehr differenzierten Kommentare in den Sozialen Medien hin sowie die Bewertung der Auseinandersetzung. 

Mit der „Geschichte der Ukraine“ sind in diesem Zusammenhang regelmäßig die Jahre 2013 und 2014 gemeint. Obgleich diese Jahre fraglos eine Zäsur in der Geschichte dieses Landes markieren, können sie keinesfalls als Geburtsstunde der Ukraine bezeichnet werden. Allerdings stellen sie den Ausgangspunkt eines anderen, im Kontext dieser Kommentare relevanten Phänomens dar: dem der deutschsprachigen Alternativmedien. Linden, der seit einigen Jahren zu rechtsextremen Strömungen in Deutschland und Europa forscht, hat sich auch intensiv mit Alternativmedien, deren Narrativen und Urhebern auseinandergesetzt. Dass die Urheber deutschsprachiger Alternativmedien nicht ausschließlich dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, stellt Linden direkt zu Beginn der Veranstaltung klar. „Der Krieg in der Ukraine könnte sich dementsprechend langfristig zu einem Querfrontthema unterschiedlicher politischer Strömungen entwickeln“, prognostiziert Linden.

Nach einem einführenden Überblick über aktuelle Veröffentlichungen und deren Narrative erörterte Linden den Teilnehmenden die Entwicklung ausgewählter Alternativmedien im Verlauf der vergangenen Jahre. „Allgemein ist zu beobachten, dass viele dieser Formate im Verlauf der Pandemie erhöhte Aufmerksamkeit erhalten haben“, resümiert Linden. In den gezeigten Artikeln und Videoausschnitten erkennen viele der Teilnehmenden Argumentationsketten wieder, die ihnen in den vergangenen Wochen begegnet sind – online und im persönlichen Kontakt. Wie man mit derartigen Äußerungen – beispielsweise im Vereinsleben – umgehen soll, erfragt einer der Teilnehmenden im Verlauf der anschließenden Diskussion. Linden rät, den Austausch zu suchen und mit Fakten zu überzeugen, Verschwörungserzählungen aufzudecken und Lücken in den Argumentationsketten transparent zu machen.

Auch die Rolle von Algorithmen auf Social Media Plattformen wird in diesem Zusammenhang diskutiert. Die angeregte Diskussion wird auch über das Ende der Veranstaltung hinaus durchgeführt. Der Referent und die Inhalte des Vortrags werden von den Teilnehmenden abschließend durchweg positiv bewertet.

Die Veranstaltung wurde organisiert von der Partnerschaft für Demokratie im Rheingau-Taunus-Kreis im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und des Landesprogramms „Hessen für Demokratie und gegen Extremismus“. Innerhalb der durch den Rheingau-Taunus-Kreis als federführendem Amt und der Koordinierungs- und Fachstelle der AWO Rheingau-Taunus Soziale Arbeit gGmbH organisierten Partnerschaft für Demokratie engagieren sich zahlreiche Akteur:innen, Initiativen und Vereine aus unterschiedlichsten Bereichen im gesamten Kreisgebiet. Über künftige Veranstaltungen und Aktionen informiert das Netzwerk online unter: www.demokratieleben-rtk.de