Inklusion und Theaterspielen ist kein Gegensatz

Landrat Frank Kilian besucht in der Reihe „Inklusive Monatsgespräche“ die Taunusbühne

Günter Sokoup als Wind im Weihnachtsmärchen „Frau Holle“. - Foto: Archiv Taunusbühne

31. Januar 2023

Rheingau-Taunus-Kreis (ut). Inklusion und Theaterspielen? Für den Vorstand und die Mitglieder der Taunusbühne Bad Schwalbach e.V. stellt dies keinen Gegensatz dar. Schließlich sitzt „das lebende Beispiel“ an diesem Nachmittag mit am Tisch und berichtet ganz selbstverständlich von seinen vielen Einsätzen auf der Bühne, die für viele die Welt bedeutet; ob auf der auf Burg Hohenstein oder im Kurhaus in Bad Schwalbach. Dort verkörperte Günter Soukup, der aufgrund einer Erkrankung im Rollstuhl sitzt, den „Wind“ im Weihnachtsmärchen „Frau Holle“, übernahm die Rolle des Schmieds im Stück „Robin Hood“ oder spielte den Papst in „Sister Act“. „Was anfangs nicht passt, wird passend gemacht. Da sind wir ganz konstruktiv und ideenreich“, sagt Gudrun Dauth, Regisseurin und Pressesprecherin des bekannten Amateurtheaters. Und der Vorsitzende des Vereines, Holger Schön ergänzt: „Inklusion und Barrierefreiheit beginnen im Kopf. Man muss beides wollen!“

Kritischer Meinungsaustausch

Mit dem Besuch bei der Taunusbühne Bad Schwalbach setzten Landrat Frank Kilian und die beiden Beauftragten für Menschen mit Behinderungen des Rheingau-Taunus-Kreises, Anita Seidel und Günter Soukup, die Veranstaltungsreihe „Inklusive Monatsgespräche“ fort. „Wir wollen mit dieser Gesprächsrunde schauen, wo es gute Beispiele für eine gelungene Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung in unser gesellschaftliches Leben gibt, damit diese nachgeahmt werden können“, so Landrat Kilian und weiter: „Es geht aber auch um einen kritischen Meinungsaustausch, um zu erfahren, an welcher Stelle es hakt, um Verbesserungen zu erwirken.“ Im Rahmen der „Inklusiven Monatsgespräche“ wurde zuvor eine Haltestelle in Hohenstein auf ihre Barriere-Armut hin überprüft, ging es beispielsweise um den Zugang zur Seilbahn in Rüdesheim für Menschen mit Rollstuhl oder Rollator und die Darstellung des Konzeptes für den Campus Freistil in Rüdesheim am Rhein, in dem Inklusion und generationsübergreifendes Wohnen „gelebt wird“.

Das Gelände ist leider nicht „barrierefrei“

„Menschen mit Beeinträchtigungen sind in unserem Ensemble gern gesehen“, betont dann auch der Vorsitzende Holger Schön. Selbst die Freilichtbühne in Burg Hohenstein, um die das Bad Schwalbacher Ensemble wegen dem einzigartigen Ambiente und der speziellen Atmosphäre beneidet werden, werde so gestaltet, dass „der Sammy“, wie Soukup liebevoll genannt wird, mitwirken kann: „Dann kommt die Maske eben auf die Bühne, um ihn zu schminken“, so der Vorsitzende. So muss Soukup nicht die Treppen nutzen.

Auf Burg Hohenstein finden im Sommer die über die Kreisgrenzen bekannten und beliebten Burgfestspiele der Taunusbühne Bad Schwalbach statt. Zum Leidwesen des Vorstandes ist das Gelände jedoch nicht „barrierefrei“. „Das bedeutet für uns, dass wir beispielsweise Menschen mit Behinderung mitsamt ihrem Rollstuhl zu ihrem Platz tragen. Zwei starke Männer rechts und zwei links“, erzählt Uwe Hangen. Diese Hilfe sei aber den Betroffenen eher peinlich, weshalb sie es vermeiden, überhaupt Besucher:innen der Aufführungen zu sein. Kunst und Kultur sind jedoch für alle Menschen gleichermaßen da. „Wir wollen aber gerade Inklusion praktizieren. Menschen mit Beeinträchtigungen sollen zu uns kommen können, um die Aufführungen zu genießen, und um selbst mitwirken zu können. Doch auch ältere Menschen mit einem Rollator sagen inzwischen vermehrt ab, weil das Areal schwer erreichbar ist. Das betrifft auch die sanitären Anlagen“, ergänzt Schön.

So pocht die Taunusbühne auf die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention: „Wir wollen niemand von den Theateraufführungen ausschließen!“ Doch dafür müssen die Rahmenbedingungen sich ändern. So denken die Verantwortlichen über den Einsatz von Rampen auf dem Gelände der Burg nach. 

Möglichkeiten suchen, wie der Zugang zum Burggelände erleichtert werden kann

In diesem Zusammenhang erwähnen Kilian wie Schön die erstellte Machbarkeitsstudie, in der vom Land Hessen Vorschläge für die künftige Nutzung der geschichtsträchtigen Ruine unterbreitet wurde. „Wir wünschten, dass wir mehr in die Pläne für die Burg mit eingebunden werden, weil es schließlich auch um die Zukunft der Spielstätte und unserer Burgfestspiele geht“, betont Holger Schön. Zudem könne die Taunusbühne eigene Erfahrungen mit in dieses Projekt mit einbringen. Was auch immer in dem historischen Gemäuer untergebracht wird, der Zugang – etwa für eine Restauration – müsse auch für Menschen mit Handicap möglich sein. „Wir können uns da ergänzen. Es gibt eine Beteiligung, die intensiviert werden sollte“, unterbreitet der Vorstand ein Gesprächsangebot. Denn die Burg ihrem Schicksal zu überlassen, könne wirklich kein Ziel sein. So betont Schön: „Es ist jämmerlich, was rund um die Burg geschieht!“ Die Sanierung müsse endlich begonnen werden. So sind sich Kilian und Schön einig: „Wir wollen das Bewusstsein der Menschen für die Burg Hohenstein wieder schärfen!“

Gemeinsam mit Anita Seidel und Günter Soukup will der Vorstand nun aber erst einmal nach Möglichkeiten suchen, wie der Zugang zum Burggelände für Menschen mit Beeinträchtigungen und somit auch für Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, erleichtert werden kann. Soukup schwebt da eine Rollstuhlsteighilfe oder ähnliche Maschinen vor, die den Transport übernehmen könnten.