Heimatforscher Hermann Schmidt gestorben

Hermann Schmidt 2014 beim 10. Jubiläum der Stadtführergruppe, typisch mit Hut. - Foto: Angelika Rieber

 Von Dr. Christoph Müllerleile, 1. August 2022

Oberursel. Der bekannte Oberurseler Heimatforscher Hermann Schmidt ist am Samstag, 30. Juli, im Alter von 83 Jahren gestorben. Mehr als zwei Jahrzehnte lang war er treibende Kraft und Motor des Arbeitskreises Industrie und Handwerk im Verein für Geschichte und Heimatkunde und dabei Schöpfer vieler Neuerungen im digitalen Bereich. „Er war ein begnadeter Netzwerker, initiativ, engagiert, vorantreibend, voller Ideen, tatkräftig, beharrlich und freundlich“, erinnert sich Angelika Rieber, die mit dem Verstorbenen eng zusammenarbeitete.

Hermann Schmidt wurde am 22. Mai 1939 in der Hunsrück-Gemeinde Wüschheim geboren und lernte ursprünglich das Schmiedehandwerk, bevor er sich an der Ingenieurschule in Bingen zum Maschinenbauingenieur bilden ließ. Schon bald sattelte er auf den Vertrieb von Informationstechnologie um, wo ihn sein Arbeitsleben zu Firmen in Essen, Stuttgart, Paris, London und schließlich Frankfurt führte, bevor er im Jahre 2000 als Geschäftsführer einer auf elektronische Zeitungslayouts spezialisierten Firma in den Ruhestand ging.

Seit 1977 lebte der Verstorbene mit seiner Familie in Oberursel. Ab 1994 gehörte er dem Vorstand des Geschichtsvereins an und brachte seine beruflichen Erfahrungen ehrenamtlich in die heimatgeschichtliche Forschung ein. Er schuf mit zeitgemäßen Mitteln ein Werk von nachhaltigen digitalen Aufzeichnungen der Heimatgeschichte. Auf seine Initiative hin entstanden die sogenannten Faktenbücher lokaler Firmen. Zusammen mit Erwin Beilfuß und anderen erstellte er die größte internetbasierte Sammlung heimatgeschichtlicher Dokumente der Stadt auf der Seite ursella.info. Über Telefon, E-Mail und Facebook stand er im ständigen Dialog mit heimatgeschichtlich Interessierten.

Innerhalb des seit 2000 von Schmidt geleiteten Arbeitskreises Industrie und Handwerk bildete sich ein digitaler Stammtisch, in dem namhafte Fachleute über ihre Erfahrungen mit der digitalen Erfassung von Dokumenten berichteten und wertvolle Anregungen gaben. Schmidt stellte sich auch als Stadtführer mit Schwerpunkt Industrie, Handwerk und Mühlen zur Verfügung, unterstützte die Arbeitsgemeinschaft Camp King bei der Digitalisierung ihrer Unterlagen und arbeitete aktiv bei der Erstellung heimatgeschichtlicher Ausstellungen zum Hessentag mit. Im August 2010 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Geschichtskreises Motorenfabrik Oberursel e.V. und hat an deren Aktivitäten regen Anteil genommen. „Mit Hermann hat uns ein Leuchtturm der Oberurseler Heimatgeschichte verlassen, der auch auf Neues stets aufgeschlossen zugegangen ist“, meint Helmut Hujer als langjähriger Weggefährte. „Ich hoffe, dass das unter seiner Regie Geschaffene, insbesondere seine Geschichte-digital und seine Webseite weiterleben.“

„Er war geduldig, konnte allerdings auch kraftvoller fordern“, erinnert sich Anne-Maren Horn, die ihn in verschiedenen Funktionen kennenlernte. „Er war neugierig im positiven Sinne. Seine Telefongespräche begannen immer mit der Frage ‚Gibt es etwas Neues?‘ Ich erlebte ihn nie besserwisserisch, er nahm gerne den Rat, Ideen anderer auf.“

Besonders am Herzen lag Hermann Schmidt das monatliche Stadträtsel „Kennst du deine Stadt?“ an dem sich viele beteiligten, die sich sonst wenig um Stadtgeschichte kümmerten. Heidi Decher, die mit ihm beim Stadträtsel und der Internetseite ursella.info zusammenarbeitete und einige Faktenbücher erstellte, sieht sich nun unerwartet in der Pflicht, das jüngste Rätsel, das zufällig von Hermann Schmidt selbst verfasst wurde, abzuschließen: „Sein plötzlicher Tod macht mich fassungslos. Er hatte noch so viele neue Ideen, die er verwirklichen wollte. Nun ist es an uns, sie in seinem Sinne fortzuführen.“

Hermann Schmidt hatte seit Langem gesundheitliche Probleme und starb nach einem Routineeingriff im Krankenhaus. Er hinterlässt seine Frau Ellen, mit der er 52 Jahre verheiratet war, eine Tochter, zwei Söhne und zwei Enkel. Die Trauerfeier mit Urnenbeisetzung findet am 26. August um 11 Uhr auf dem Alten Friedhof statt.