30 Jahre Einsatz für Streuobstwiesen und Naturschutz

Landschaftspflegeverband verabschiedet Barbara Helling in den Ruhestand

Barbara Helling war 30 Jahre für Streuobst und Naturschutz im Einsatz. - Foto: Nicola Böye

30. Januar 2023

Main-Taunus-Kreis (ut). Manchem, der wissen wollte, wie man Obstbäume schneidet, hat sie schon einen gehörigen Schrecken eingejagt. „Einige schnippeln nur ein bisschen an den Spitzen herum“, hat Barbara Helling, Geschäftsführerin des Vereins Main-Taunus Naturlandschaft und Streuobst e.V. beobachtet. Sie selbst ist da nicht zimperlich und hat bei so manchem Schnittkurs ungepflegte Bäume recht forsch um einen erheblichen Teil ihrer Äste erleichtert. Die Kursteilnehmer:innen wunderten sich gelegentlich.

Das ist vorbei. Der Landschaftspflegeverband wird sich sicher auch künftig dafür einsetzen, dass die Besitzer von Streuobstwiesen fachkundig mit ihren Bäumen umgehen können. Mit Barbara Helling werden sie es dabei aber nicht mehr zu tun bekommen – die Geschäftsführerin des Verbandes wird zum Ende des Monats in den Ruhestand verabschiedet. „In den wohlverdienten Ruhestand“, wie die Vorsitzende des Vereins, die Erste Kreisbeigeordnete Madlen Overdick, betont.

Das ist auch für den Landschaftspflegeverband eine deutliche Zäsur. 1992 wurde der Verein Main-Taunus-Streuobst gegründet, 1993 nahm er die Arbeit auf. Die erste Geschäftsführerin wurde Barbara Helling. Sie hat den Auf- und Ausbau der Vereinsarbeit maßgeblich organisiert, ein großer Schritt war die Fusion mit der Naturlandstiftung Main-Taunus im Jahre 2017. Das hat nicht nur den Aufgabenbereich erheblich erweitert – ging es zuvor weitgehend nur um Streuobstwiesen, hat sich der Verein Main-Taunus Naturlandschaft und Streuobst e.V. umfassender der Landschaftspflege verschrieben. Und während Barbara Helling als Vereinsgeschäftsführerin als Einzelkämpferin begann, zählt das Team inzwischen fünf Mitarbeiter:innen auf Teilzeitstellen.

Barbara Helling war eher zufällig zum Streuobstverein gestoßen. Zur Welt gekommen und aufgewachsen ist sie in Ostwestfalen. Sie hat eine Gärtnerlehre absolviert und Landespflege in Hannover studiert – heute würde man dieses Fach Landschaftsplanung nennen. Ins Rhein-Main-Gebiet kam sie der Liebe wegen und arbeitete bei verschiedenen Planungsbüros. So ganz ihr Ding seien diese Jobs nicht gewesen, erinnert sie sich. Ihr kam daher ganz gelegen, als sie zufällig davon erfuhr, dass die Stelle der Geschäftsführung des Streuobstvereins zu besetzen war. Sie bewarb sich, überzeugte den Vorstand und konnte am 1. Februar 1993 loslegen.

Genau 30 Jahre hat sie dort gearbeitet. Dabei haben sich die Schwerpunkte gewandelt, anfangs war es wichtig, den Obstwiesenbesitzern einen Anreiz dafür zu geben, sich um ihre Bäume zu kümmern. Also kaufte der Verein in großem Stil die Ernte auf, sofern die Bäume nach den Bioland-Richtlinien bewirtschaftet wurden, und vermarktete sie unter diesem Siegel auch. Das wurde schon vor Jahren aufgegeben, denn in der Region keltern so viele Privatleute und Kleinbetriebe Apfelwein, dass das Obst knapp und gesucht ist und man sich um die Verwertung keine Sorgen mehr zu machen braucht.

Eine hohe Bandbreite an Aktivitäten um den Naturschutz zu fördern

Geblieben dagegen ist die Aufgabe, pädagogisch zu wirken und das Bewusstsein für den ökologischen Wert der Streuobstwiesen zu fördern. Die Bandbreite der Aktivitäten ist breit, Höhepunkte sind jeweils Veranstaltungen wie Ernte- und Keltertage. Gerade im vergangenen Jahr wurde mit dem Naturschutztag erst wieder ein neues Format entwickelt. Barbara Helling sei immer bereit gewesen, sich auf neue Ideen einzulassen, um den Naturschutz im Kreis zu fördern, freut sich die Vereinsvorsitzende Madlen Overdick, die auch die Umweltdezernentin des Kreises ist.

Ein besonderes Anliegen ist Helling immer die Arbeit mit Kindern; mit Schüler:innen und Kindergartengruppen ist sie immer gerne auf den Obstwiesen unterwegs gewesen. Bei den Erwachsenen geht es nach wie vor darum, sie für die Bewirtschaftung ihrer Obstwiesen zu qualifizieren. Deshalb gibt es nicht nur Schnittkurse, sondern man kann sich zum Beispiel auch breiter angelegt zum Baumwart ausbilden lassen.

„Barbara Helling ist alle neuen Aufgaben immer mit viel Engagement angegangen“, sagt Overdick. Bei der Verabschiedung in den Ruhestand ein großes Dankeschön auszusprechen sei daher keineswegs Pflichtaufgabe, sondern Herzensangelegenheit. Der Landschaftspflegeverband stehe nun vor der Aufgabe, all die Erfahrung und das Fachwissen zu ersetzen, das ihm in der Person seiner Geschäftsführerin zur Verfügung gestanden habe.

Und was kommt jetzt? Ehrenamtlich wird Barbara Helling weiterhin als phänologische Melderin im Stadtgebiet Flörsheim für den Deutschen Wetterdienst aktiv sein – den Wetterfröschen also regelmäßig melden, in welchem Stadium sich die Vegetation gerade befindet. Außerdem möchte sie viel mehr Fahrrad fahren – nicht nur die flache Umgebung rund um den Wohnort Groß-Gerau lädt dazu ein, sondern der Taunus und der Odenwald sind nicht weit, wenn es einmal bergiger sein soll. Ob sie sich weiter mit Apfelbäumen beschäftigen wird, steht noch nicht fest – im heimischen Garten jedenfalls hat sie absichtlich keinen gepflanzt.