Erster Naturschutztag - Eine Sache für Macher

Von Eckard Steffin, 12. Juli 2022

MTK/Kelkheim. Das Motto an diesem Tag war „nicht nur reden, sondern machen“. Es war der erste Naturschutztag des Main-Taunus-Kreises, der in Kelkheim stattfand. Los ging es um 13 Uhr. „Wir haben gerne unseren Rathausplatz zur Verfügung gestellt. Schließlich war die Stadt immer offen für Natur- und Artenschutz“, so Bürgermeister Albrecht Kündiger, „wenn man über den Platz schaut, dann sieht man, dass es für jeden etwas gibt, der sich engagieren will – also ein Macher wird.“ Oliver Conz, Staatssekretär im Hessischen Umweltministerium, der sich bis heute im Main-Taunus-Kreis als aktiver Naturschützer engagiert hat, erzählt: „Vor 40 Jahren habe ich mir nicht vorgestellt, dass der Uhu und der Wanderfalke wieder nach Kelkheim kommen.“ Kündiger ergänzt: Wir haben sogar wieder Störche.“ Conz weiß aber, dass es gerade zum Klimaschutz noch viel zu tun gibt.

An einer Vogelwand werden Vogelstimmen per Knopfdruck gespielt, die dann anschließend einem Vogel zugeordnet werden sollen. Der Grünspecht, der eigentlich schon auf dem Rückzug war, profitiert vom veränderten Klima, weil es viele Wiesenameisen gibt, von denen er sich ernährt. Trotzdem sind viele Arten gefährdet, die wir unbedingt brauchen.

Der erste Naturschutztag wird vom Landschaftspflegeverband Main-Taunus Naturlandschaft und Streuobst e.V. veranstaltet. Das Motto lautet „Naturschutz einfach machen.“ Biodiversität und Artenschutz sind die Themen, zu denen es Anregungen durch die verschiedenen Stände und einer Reihe von Vorträgen gibt.

Die Insekten der Welt

Matthias Helb sammelt und beschäftigt sich mit Insekten. Sein Vater war Biologe und hat ihn schon früh an das Thema herangeführt. Heute ist er Biologielehrer in Frankfurt und versucht sein Wissen auch hier weiterzuvermitteln. So erfährt der Zuhörer, dass Libellen oft ihre wassernahen Plätze verlassen, weil sie weiterziehen, so entstehe oft der Eindruck, dass es weniger Libellen als früher gibt. Besonders stolz ist er auf den „Solenoptera helbi“ aus der Dominikanischen Republik. „Ich habe ihn gefunden und es stellte sich heraus, dass ich der erste war. Daher ist er nach mir benannt worden“, so Helb, der auch für den Kosmos Verlag schreibt. In seinem Buch „Insekten überlebensgroß“ lässt sich nachlesen, welche Insekten so in Haus und Garten herumschwirren. Zu sehen war ein präparierter Bockkäfer aus Französisch Guyana, der mit seinen Zangen einen Bleistift durchtrennen kann, die dickste Fliege der Welt, die nur drei Tage lebt, und zu hören gab es viele spannende Geschichten.

Der Wald

Die Kelkheimer Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) hatte ebenfalls Interessantes zum Lernen aufgebaut. Lucas Nortmeyer von der Waldjugend zeigte ein Tafel zum Thema „Wohlfahrtswirkungen des Waldes“. Dabei ging es um dessen Erholungs-, Schutz- und Nutzfunktionen. Hier konnten die Besucher kleinere Abbildungen zuordnen.

Eine andere Aufgabe zeigte verschiedene Holzwürfel mit gleichem Volumen aber unterschiedlichem Gewicht. Die Robinie ist schwer und besonders gut für Gartenmöbel geeignet, während aus der leichten Pappel eher Papier entsteht. Zur dendrologischen Ausstellung, erläutert Nortmeyer: „So bringen wir den Kindern die verschiedenen Holzarten und deren Blätter und Früchte näher. Hier ist natürlich nur ein kleiner Teil ausgestellt.“

Willi Dorn, der Vorsitzende der Kelkheimer SDW: „Wir haben natürlich eine Menge an Informationen mitgebracht.“

Nisthilfe und Gartenschläfer

Jutta Erich, Andreas Müller, Ina Maiwald und die Vorsitzende des BUND Ortsverbandes Kelkheim, Gabriele Franz, zeigen an ihrem Stand das Foto einer Nisthilfe, die seit acht Wochen in Liederbach auf einer Streuobstweise steht. Obwohl alles im Ehrenamt mit Abfallholz gebaut wurde, beliefen sich die Kosten immer noch auf zirka 1.000 Euro. Wie sich zeigt wird die Nisthilfe gut angenommen und ist schon fast ausgebucht.

Daneben informiert Susanne Steib über den Gartenschläfer, der bedroht und schwer zu finden ist. Immer mehr Funde werden in die Meldestelle eingetragen. Steib: „Helfen sie uns bei der Forschung und melden den Gartenschläfer.“ In einigen Wochen werden die ersten Ergebnisse des Forschungsprojektes vorgestellt. Auf gar keinen Fall soll er von einem Laien eingefangen und ausgesetzt werden. Der Gartenschläfer benötigt einen ganz bestimmten Lebensraum in der Nähe von Flüssen. Er ist nicht gefährlich, kann aber ein wenig Dreck verursachen.

Wildstauden, Beet- und Balkonpflanzen

Die Schlocker-Gärtnerei zeigte ihre Pflanzen, die alle aus Samen selbst gezogen werden. So sind deren Pflanzen sehr gut für hiesige Insekten geeignet. Noch etwas Besonderes zeichnet dieses Unternehmen aus: 15 von den insgesamt 17 Beschäftigen haben ein Handicap.

Wild- und Honigbienen

An einem weiteren Stand zeigt Birte Heinrich, wie sie und ihre Mitstreiter:innen Nester für die Wildbienen anlegen. Wildbienen haben eine enorme Vielfalt in Gestalt und Aussehen. Sie existieren in zahlreichen Formen und Farben. Leider gehören sie zu den gefährdeten Arten, obwohl wir sie für die Pflanzenzucht benötigen.

Der Imkerverein Bad Soden am Taunus und Umgebung, gegr. 1866 e.V., ist einer der ältesten Ortsvereine. An diesem Tag stellt er sein Können mit sehr unterschiedlichen Honigsorten vor. Sie produzieren Originale ohne diese zu strecken. Daher kann man sie auch nicht im Supermarkt kaufen.

Hessenforst

Förster Hendrik Bickel erzählt, dass neben der Fichte, durch den Borkenkäfer, auch die Buche gefährdet ist. Diese wiederum durch die Trockenheit. Derzeit finden Versuche statt, wie man dem ganzen entgegenwirken kann. Die klimaresistente Kiefer wird angepflanzt oder auch Wildwachstum ausprobiert. „Zum Glück ist die Nachfrage nach Holz wieder gestiegen. In der derzeitigen Krise auch das nach Brennholz“, so Bickel. In den letzten Jahren sei der Markt für Holz aus Deutschland eingebrochen und weiter: „Allerdings müssen wir nachhaltig wirtschaften und können nur soviel verkaufen, wie nachwächst.“ Neben Bickel ist Leondo Gabel, am Stand, der seine Ausbildung in Kürze beenden wird. Seit einigen Jahren ist die Nachfrage nach „grünen Berufen“ wieder angestiegen und es gibt wenig Nachwuchsprobleme.

Am Stand trifft Unser-Taunus – Das regionale Online-Magazin noch den ehemaligen ersten Stadtrat Kelkheims, Wolf-Dieter Hasler. Er freut sich über den gelungenen Tag: „Er ist gut für Kelkheim, weil die Stadt sehr viel für den Natur- und Artenschutz tut. Mit dem Wetter hatten wir Glück und daher kann man sagen: Ein sehr gelungener Auftakt.“

Begleitet wurde die Veranstaltung von 13.30 bis 18.00 Uhr von jeweils 30-minütigen Vorträgen zu unterschiedlichen Themen und durch Exkursionen wie einer Rallye für Familien und zum Wildstaudenbeet, das der Landschaftspflegeverband angelegt hat. Dazu gibt es Getränke von der Streuobstwiese, um Kaffee und Kuchen kümmern sich der Obst- und Gartenbauverein Fischbach und der Kelkheimer Kleingartenverein Krautgärten.