Heimkehr zu einer Familie ohne Liebe

Julja Linhof begeistert mit ihrem Debütroman

Julia Linhof (Mitte) las in der Kronberger Stadtbücherei aus ihrem Debütroman „Krummes Holz“. - Foto: Stadt Kronberg

6. Mai 2024

Kronberg (ut). Erst vor wenigen Wochen hat Julia Linhof ihren Debütroman „Krummes Holz“ veröffentlicht. Vor der Kulisse eines heruntergewirtschafteten, westfälischen Gehöfts in den 1980ern erzählt sie darin die Geschichte des 19-jährigen Jirka und einer Familie, in der es keine Liebe gab. Warum die belletristische Premiere der 1991 geborenen Autorin von den Kritikern landauf, landab viel Lob erntete – davon konnten sich unlängst die Besucher einer Lesung in der Kronberger Stadtbücherei selbst ein Bild machen.

Der Titel des Romans, einerseits inspiriert von der Zufahrtstraße zum Hof von Jirkas Familie und andererseits von Immanuel Kants Zitat, verweist auf die zentrale Thematik des Romans: „Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.“ (Immanuel Kant).

„Kants Worte bieten Raum für viele Interpretationen“, erklärt die Autorin ihren Zuhörer:innen in der Kronberger Stadtbücherei, „doch für mich fokussieren sie vor allem auf eine Tatsache: Die Erfahrungen, die wir in der vulnerabelsten Phase unseres Lebens, der Kindheit, machen, prägen uns auf eine Weise, die unauslöschlich ist. Wir mögen lernen, damit umzugehen, aber diese Erlebnisse hinterlassen stets ihre Spuren. Diese Thematik spiegelt sich in all meinen Figuren wider. Ihre Verletzungen, ihre Traumata haben sie geformt und können nicht einfach ‚geradegebogen‘ werden.“ Jedoch, ergänzt die Autorin, „aus einem ‚krummen Holz‘ muss nicht zwangsläufig ein ‚krummes Leben‘ werden.“

Die Lesung ist geprägt von gebannter Aufmerksamkeit und einem Hauch von Spannung, als Linhof gut ausgesuchte Auszüge aus ihrem beim Klett-Cotta Verlag erschienenen Roman präsentiert. Julja Linhof, derzeit in Hamburg zu Hause, gewährt dem Publikum einen Einblick in die Entstehung ihres Romans und die Inspirationen, die sie dabei begleiteten. Die lebendige Darbietung und die tiefe Verbindung zu ihrem Roman hinterlassen einen bleibenden Eindruck beim Kronberger Publikum und sorgen für anregende Gespräche im Anschluss.

Die Handlung des Romans spielt in den 1980er Jahren und dreht sich um Jirka, einen 19-jährigen, der nach Jahren im Internat auf den elterlichen Hof zurückkehrt. Die Geschichte entfaltet sich vor dem Hintergrund eines idyllischen, aber von Veränderungen geprägten Ortes. Linhof gelingt es, in einer wunderschönen Sprache eine vergangene Ära des westdeutschen Landlebens heraufzubeschwören und deren innere Konflikte zu beschreiben, wobei insbesondere die Dialoge hervorstechen, geprägt von Härte und unausgesprochenen Emotionen.

Als Linhof vom Publikum nach ihrer Lieblingsfigur in ihrem Roman gefragt wird, lenkt sie den Blick auf Leander, den Sohn des letzten Hofverwalters, da der für alle eine Art Anker darstelle. Die Wahl ihres Favoriten gewährt einen tieferen Einblick in Linhofs schriftstellerisches Vorhaben. Auf eine einfühlsame Art zeichnet sie alle ihre Charaktere, so dass deren Emotionalität, beim Lesen spürbar wird. Es sind wunderschöne, sprachliche Bilder, die einen selbst nach dem Zuklappen des Buches nicht mehr loslassen. Eine unbedingte Leseempfehlung!

Die Stadtbücherei Kronberg, unterstützt von ihrem Freundeskreis, bot den idealen Rahmen für diesen besonderen literarischen Moment.

Weitere Informationen:

Stadtbücherei Kronberg

  • Dienstag, Mittwoch, Freitag: 10 bis 18 Uhr
  • Donnerstag: 15.30 bis 19.30 Uhr
  • Samstag: 10 bis 14 Uhr