Ein herrschaftlicher Schattenspender

Villa Bonn erhält wieder eine Pergola nach historischem Vorbild

Bis Mitte Mai soll die Pergola an der Villa Bonn wieder entstehen. Allerdings in einer doch etwas zurückgenommenen Optik. - Grafik: Stadt Kronberg

1. Mai 2024

Kronberg (ut). Wer eine denkmalgeschützte Immobilie sein Eigen nennt, weiß um die Strenge der Auflagen, die es zu beherzigen gilt – vor allem, wenn man An- und Umbauten plant. Da schaut der Denkmalschutz aus gutem Grund ganz genau hin. Und da wird auch bei Kommunen keine Ausnahme gemacht.

Das, was in den kommenden Wochen an das Kronberger Rathaus angebaut wird, hat den Hütern der Kulturgüter allerdings kein Kopfzerbrechen bereitet und ist längst genehmigt. Die altehrwürdige Villa der Frankfurter Bankiersfamilie Bonn, die seit 1922 als Rathaus der Burgstadt dient, erhält nämlich etwas zurück, das ursprünglich essenzieller Bestandteil der Fassade war. Die Rede ist von einer hölzernen Pergola samt Balkon.

Eine solche zierte einst die Nordwestseite des schmucken Landhauses, das sich Wilhelm Bonn zwischen 1901 und 1903 vom Hamburger Architekten Alfred Leopold Löwengard hatte bauen lassen. Wohl beschattet von der mit feinen Schnitzereien versehenen Holzkonstruktion, konnten die Damen des Hauses hier damals die Sommerfrische genießen und zugleich die noble Blässe ihrer Haut wahren. „Noblesse oblige“ – auch beim Frankfurter Geldadel, den es an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zunehmend nach Kronberg zog.

Platz für Veranstaltungen

Daran soll die neue Pergola am Rathaus erinnern, jedoch in einer dem Hier und Heute gemäßeren Optik. Schließlich wird der Freisitz mehr sein als eine hölzerne Reminiszenz. Geplant ist, das Ensemble aus Rathaus, Terrasse und Pergola künftig noch mehr in das öffentliche Leben der Stadt einzubinden. Konzerte, Lesungen oder auch Trauungen können hier stattfinden. Die Planung setzt daher bewusst auf einen sehr wohl ansprechenden, aber in seiner Formensprache doch etwas zurückgenommenen Entwurf. 

Der Entwurf des Architekten Löwengard lässt noch die Pergola an der Terrasse erkennen. – Grafik: Stadt Kronberg

Wann und warum das historische Original beseitigt wurde? Ein genauer Zeitpunkt lässt sich in der langen Geschichte des Landsitzes nicht mehr ausmachen. Auch fehlen Unterlagen, die eine Genehmigung dafür belegen könnten. Ziel war es wohl, der Terrasse dadurch mehr Platz zu geben. Allerdings hatten die damals Verantwortlichen die Folgen nicht im Blick. Ihres hölzernen Vorbaus beraubt setzten Regen und Feuchtigkeit der Fassade arg zu. Fehler der Vergangenheit, die jetzt korrigiert werden.  

Den Boden dafür hat man bereits im Mai 2023 im Zuge der Sanierung der Rathausterrasse bereitet. Zu diesem Zweck wurde zum Gebäude hin ein in Stein gefasstes Postament geschaffen, auf dem jetzt die Pergola wieder aufgesetzt werden soll. Den Zuschlag dafür hat im Vergabeverfahren die in Waldems-Esch ansässige Holzbau-Firma Ziefert & Krüglstein bekommen. In den nächsten Tagen soll der Aufbau beginnen.

Läuft alles nach Plan und spielt das Wetter mit, wird die Holzkonstruktion bereits zur Feier des 50-jährigen Bestehens der Städtefreundschaft mit Guldental am 18. Mai stehen. Die Zierelemente und andere Details werden im Anschluss ausgearbeitet.

Geschichtlicher Hintergrund

„Auf zum Taunus“ – lange bevor Landrat Ernst Ritter von Marx 1908 die Werbetrommel rührte, hatte Baruch Bonn den Trend für sich schon erkannt.

Der Kaufmann und Bankier aus einer Frankfurter Familie jüdischen Glaubens hatte im Mai 1863 für sich, seine Frau Betty und die Kinder ein Häuschen im Grünen gesucht und war im Kronberger „Pfaffenstück“ fündig geworden. Hier erwarb er ein zweistöckiges Wohnhaus samt Gartengrundstück und nebenstehendem Speisesaal, auf den er später noch ein Stockwerk im Schweizer Stil aufsatteln ließ.

Während die Familie in der Folge die Sommer im Taunus verbrachte, ging der Herr Papa in Frankfurt seinen Geschäften nach. Eine frühe Art von Work-Life-Balance – zumindest für die, die es sich leisten konnten. Und die Bonns gehörten dazu. Wovon letztlich aber auch die Kronberger profitierten. Die Familie zeigte sich stets großzügig und unterstützte die Bedürftigen am Ort.

Baruchs Sohn Wilhelm war es dann, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Gebäude aus der Zeit seines Vaters niederlegen und durch die heutige Villa Bonn ersetzen ließ.

Nach Wilhelms Tod 1910 jedoch verlor der Sommersitz in Kronberg zunehmend an Bedeutung für die Familie. Sein Sohn Dr. Max Bonn war es, der das Landhaus 1921 für 750.000 Mark an die Stadt Kronberg verkaufte, die dort 1922 das Rathaus unterbrachte.