Ukrainehilfe Königstein gilt als Best Practice-Organisation

Die Ministerinnen Bettina Stark-Watzinger und Lucia Puttrich sind beeindruckt

18. Mai 2022

Königstein (ut). Sie hat ihren guten Ruf weg: Die Ukrainehilfe Königstein. Als Best Practice-Organisation wurde sie sowohl Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung, als auch Lucia Puttrich, Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, genannt, als es darum ging, sich anlässlich der Europa-Woche hiesige Projekte die Geflüchteten betreffend einmal näher zu betrachten. Kein Wunder also, dass die beiden Ministerinnen gern mal aus erster Hand erfahren wollten, was diese Ukrainehilfe so besonders macht, worin sie eventuell noch Unterstützung benötigt.

Kurzerhand wurde Kontakt mit den Königsteinern aufgenommen und ein Treffen vereinbart, das in den Räumen der evangelischen Kirche stattfand. „Es ist mir eine große Freude, Sie heute hier ganz herzlich willkommen zu heißen“, wandte sich Christian Schönwiesner im Namen der Ukrainehilfe Königstein an die Gäste, unter ihnen auch Jürgen Banzer, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes im Kreisverband Hochtaunus. Sowohl Schönwiesner als auch alle anderen Helfer betrachteten diesen Besuch als besondere Würdigung und Auszeichnung für die gesamte Stadt Königstein. „Denn eine Initiative wie die Ukrainehilfe kann anstoßen, koordinieren, Ideen geben. Aber sie kann nicht wirklich viel erreichen ohne die großartige und bewundernswerte Unterstützung der Menschen und Vereine in dieser Stadt sowie der Stadtverwaltung und dem beeindruckenden Engagement der Geflüchteten selbst“, so Christian Schönwiesner weiter.

Bettina Stark-Watzinger verurteilte zunächst aufs Schärfste den Überfall Putins und seines Regimes in die Ukraine als souveränes und demokratisches Land in Europa: „Der Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Die Ukrainer verteidigten nicht nur ihre Werte, „sondern auch unsere“. Die Aufgabe Deutschlands sei es, sie auf diesem Weg zu begleiten.

Selbstbestimmte Identität und nicht als Opfer leben

Der Tenor der Geflüchteten sei einhellig: „Sie alle sind überzeugt, dass sie diesen Krieg gewinnen und wieder nach Hause wollen, um ihr Land aufzubauen. Sie wollen kein Opfer sein, sondern selbstbestimmt leben. Ihnen dabei zu helfen, ist unsere Richtschnur.“ Dabei gelte es, das richtige Verhältnis von „Heimat geben“ und „eigene Identität wahren“ zu finden. Auf ihren vielen Reisen landauf und landab seien ihr viele Menschen begegnet, die im Ehrenamt vor der Arbeit oder nach der Arbeit viele Stunden helfende Hände reichen, in den Kommunen finde die Lebensrealität statt. „Ich bin beeindruckt und stolz auf das, was geleistet wird – und ich danke Ihnen dass wir uns heute austauschen können“, so Bettina Stark-Watzinger.

Normalität leben

Lucia Puttrich hat selbstredend eigene Eindrücke verinnerlicht. Besonders Bilder aus der Partnerregion in Polen, die wiederum eine ukrainische Partnerregion hat, haben sich ihr eingeprägt. Eins davon ist das von einem sechsjährigen Mädchen, das mitten in dem Trubel in einer Erstaufnahmeeinrichtung einen Pudding löffelt und auf diese Weise ganz offensichtlich etwas Normalität für sich herstellen und das Erlebte verarbeiten möchte. „Denjenigen, die Opfer sind, die Unterstützung brauchen, müssen wir mit der Zuversicht helfen, dass es eine Zukunft gibt“, lautet einer der Schlüsse von Lucia Puttrich. Dann erinnert sie sich an das Gespräch mit einer Frau, der sie die Frage stellt, ob die geflüchteten Frauen Kontakt zu ihren Männern haben. Diese Frage wird verneint: „Somit wissen wir sehr genau, auch wenn wir ihnen bei ihrem Start helfen, sie trotzdem ein trauriges Herz haben.“

Aktivitäten der Ukraine Hilfe Königstein

Christian Schönwiesner ist es überlassen, die Arbeit und die Aktivitäten der Ukrainehilfe Königstein vorzustellen. Hierbei hilft eine Präsentation, in der unter anderem einzelne Personen und ihre Zuständigkeiten vorgestellt werden. So kümmert sich zum Beispiel Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer um Mahnwache und Friedenskasse, Stella Schönwiesner, die selbst aus der Ukraine stammt, kümmert sich um die Organisation von Deutschkursen, Aktivitäten in Kunst, Musik und Sport, Runa Hammerschmidt ist ebenfalls bei den Deutschkursen engagiert, darüber hinaus begleitet sie Geflüchtete zu Arztbesuchen, hilft bei Übersetzungen. Peter Kuipers wiederum hat das Internetforum geschaffen, in dem sich alle miteinander verständigen können und hat zuvor die Website freigeschaltet, lediglich zwei Wochen nach Kriegsbeginn. Andere wiederum kümmern Ukraine-Zentrum, um das Team Social Business Women, Kleiderkammer, Freizeitangebote oder Behördengänge. Dann noch die Zahlen: Am 5. Mai betrug die Anzahl der Geflüchteten in Königstein 284 Personen. Davon 51 Prozent Frauen, 41 Prozent Kinder und Jugendliche, 8 Prozent Männer.

„Das faszinierende an unserer Ukrainehilfe ist jedoch, dass die Menschen auf uns zukommen und sagen: wir machen das und das“, so Schönwiesner. Jeder Einzelne sorge sozusagen selbst oder im Team dafür, dass innerhalb von den aktuell 24 Fachbereichen etwas organisiert oder umgesetzt wird. Da sei überhaupt kein Organisation „von oben“ notwendig, das laufe völlig autonom. Und das gelte durchweg für alle Beteiligten, somit auch für die Ukrainer:innen.

Weiterhin informierte er darüber, dass die Impfungen – auch Masern – mittlerweile alle durchgeführt worden seien, dass nahezu alle Kinder und Jugendliche eingeschult sind, manche noch das ukrainische Schuljahr beendeten. „Sportvereine sind darüber hinaus ein wichtiger Punkt der Integration“, betont Schönwiesner mit Blick auf die gemeinsamen Aktivitäten. Zum Beispiel sei ein Osterferien-Camp mit dem Fußballclub Königstein durchgeführt worden.

Elif Kahnert war es dann überlassen das Leuchtturmprojekt „Integration in den Arbeitsmarkt & Selbständigkeit“ zu referieren: „Es gibt uns seit zehn Jahren, erst in Kronberg, jetzt auch in Königstein.“ Der Verein Social Business Women wolle dafür Sorge tragen, dass die ukrainischen Frauen beruflich hier richtig ankommen und somit „bei sich ankommen“.

Wie geht es weiter

Dann richtete Christian Schönwiesner den Blick nach vorn. Er freute sich mit allen Beteiligten, dass das ehemalige Mercedes-Autohaus am Kreisel der Ukrainehilfe für die kommenden zwei Jahre zur Verfügung gestellt wurde, um hier ein Ukraine-Zentrum einzurichten: „Das soll alles, was erwähnt wurde, beinhalten.“ Zum Beispiel Räume für Sprachkurse und Freizeitangebote, Arbeitsplätze für Talente und Berufe. Denn der Wunsch der Ukrainer ist es, sich nicht nur ins Leben der Deutschen zu integrieren, sondern auch sich selbst vorzustellen, das, was sie ausmache.

Ljuba Kirsanova aus Kyiv, die in ihrer Heimat kurz dafür war, drei Restaurants zu eröffnen, könnte hier ebenso eine Möglichkeit finden, ihren Beruf auszuüben, wie Alesya Haldka aus Mariupol, die mehrere Sportstudios hatte und eine Sportschule eröffnen wollte – sie kann übrigens heute schon als Gymnastiktrainerin arbeiten. Und für die sechzehnjährige Valeria hat sich sogar ein Traum erfüllt: Sie kann jetzt in der Damenmannschaft der Eintracht Frankfurt trainieren.

Dank vom Ministerium

Von den Ministerinnen gab es ein großes Dankeschön für die vielen Einblicke: „Es ist beachtlich, wie gut hier Hand in Hand gearbeitet wird!“ Es sei darüber hinaus beeindruckend, mit welcher Kraft und Stärke hier gearbeitet werde Sie selbst hätten für sich einige Punkte mitgenommen und stellen der Ukraine nun einen zentralen Ansprechpartner zur Verfügung, der ihnen bei der Suche nach den richtigen Ämtern in den jeweiligen Ministerien hilfreich zur Seite steht. Darüber hinaus gab es einen ersten Scheck über 1000 Euro.

Als Dankeschön wiederum konnten Bettina Stark-Watzinger, Lucia Puttrich und Bürgermeister Leonhard Helm von den Kindern selbst gemalte Bilder entgegennehmen, auf denen sie jeweils einen Friedensbaum verewigt hatten. Ein weiteres Bild gab es obendrauf – für Bundeskanzler Olaf Scholz.