Herzlichen Glückwunsch!

Die Kleinbahn von Frankfurt am Main nach Königstein feiert 120. Geburtstag

24. Februar 2022

Königstein/Kelkheim (es). Zur Jahrhundertwende waren die Verkehrsverbindungen zum aufstrebenden Kurort Königstein im Taunus denkbar schlecht. Die Stadt war nur mit der Kronberger Eisenbahn und einem anschließenden vier Kilometer langen Fußmarsch vom 150 Höhenmeter tiefer liegenden Kronberg aus zu erreichen. Kurgäste wurden teilweise mit Pferdewagen in Kronberg oder Soden abgeholt. Dieser Zustand beeinträchtigte jedoch die weitere Entwicklung des Kurortes.

Der Frankfurter Ingenieur Gustav Gallenkamp entwickelte im Februar 1890 einen Plan zu einer Dampfbahn von Höchst nach Königstein. Da der Staat kein Interesse zeigte, kam nur eine Privatbahn infrage.

Am 12. März 1901 erhielt die Aktiengesellschaft für Bahnbau und -betrieb (BBB) die Konzession für den Bau und Betrieb einer Kleinbahn von Höchst über Kelkheim nach Königstein. Mit dem Bahnbau wurde nach den Plänen des Wiesbadener Ingenieurs Stöfer sofort begonnen. Obwohl die Trassenführung auf dem oberen Abschnitt recht kühn ist, stellten sich dem Bahnbau keine größeren Schwierigkeiten in den Weg, so dass bereits am 18. und 19. Februar 1902 die polizeilichen Abnahmefahrten stattfinden konnten. Am 20. Februar 1902 fand die Eröffnungsfeier statt. Der Regelbetrieb der Kleinbahn Höchst – Königstein wurde am 24. Februar 1902 aufgenommen.

Glückwunsch aus Königstein:

„Die Stadt Königstein gratuliert zum 120-jährigen Geburtstag. Die HLB ist für uns immer ein guter Partner, schon als sie noch die Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn war. Wir freuen uns, dass sie heute keine „alte Dame“ ist, sondern ein moderner Nahverkehr, der Ende des Jahres mit Wasserstofftechnik unterwegs sein wird.“ – Bürgermeister Leonhard Helm

An Betriebsmitteln waren zur Bahneröffnung drei leistungsstarke Dampflokomotiven der preußischen Gattung T9.1, zwölf Personenwagen, zwei kombinierte Post/Packwagen sowie drei Güterwagen vorhanden. Die Bahn führte als eine der ganz wenigen Kleinbahnen von Anfang an die 1., 2. und 3. Wagenklasse. Viele der Frankfurter Bankiers und Geschäftsleute wohnten schon damals in den bevorzugten Lagen des Taunus und benutzten täglich die Kleinbahn. Der Ausdruck „Bankierszug“ weist darauf hin. Von Anfang an fuhren durchgehende Züge Königstein – Frankfurt Hbf, bis 15. Mai 1927 allerdings als Kurswagen.

Der Güterverkehr spielte stets nur eine untergeordnete Rolle, in den stärksten Jahren wurden vor dem Ersten Weltkrieg wurden bis zu 80.000 Tonnen Güter transportiert, seit den 1960er Jahren bis zur endgültigen Einstellung des Güterverkehrs 1982 nur noch weniger als 20.000 Tonnen. In Kelkheim gab es ein Gleis zu einer Ziegelei und in den Jahren 1927/28 wurden aus einem Steinbruch beim Rettershof Bruchsteine nach Unterliederbach transportiert, die für den Bau der heutigen Autobahn A66 von Wiesbaden nach Frankfurt verwendet wurden.

Lediglich der Express- und Stückgutverkehr sorgte über lange Zeit für ein hohes Frachtaufkommen.

Omnibusbetrieb

Neben dem Eisenbahnbetrieb betrieb die Kleinbahn seit 1927 auch einen Kraftwagenverkehr. Während des zweiten Weltkriegs wurden viele der Omnibusse beschlagnahmt und der Omnibusverkehr kam zum Erliegen. Nach dem Krieg wurde der Busbetrieb wieder aufgenommen. Am Bahnhof Königstein wurde 1960 eine große Buswerkstatt errichtet, die 24 Bussen eine wettergeschützte Unterbringung bot. Seit 1992 werden die von der 2005 gegründeten HLB Hessenbus GmbH eingesetzten Busse in einem modernen Betriebshofneubau in Hofheim instandgehalten.

Umbenennung nach Eingemeindung der Stadt Höchst

Im Jahr 1928 wurde die Stadt Höchst nach Frankfurt am Main eingemeindet. Die bisherige Bezeichnung „Kleinbahn Höchst – Königstein“ wurde in die Firmierung „Kleinbahn Frankfurt/M. – Königstein (FK)“ und 1983 in die noch heute gültige Bezeichnung „Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn“ umgewandelt. 2005 wurde die Kleinbahn Frankfurt – Königstein mit der Kleinbahn Kassel-Naumburg und der Butzbach-Licher Eisenbahn AG in der HLB Basis AG verschmolzen, die seither Eigentümerin der drei Eisenbahnen ist.

Im Zweiten Weltkrieg stiegen die Fahrgastzahlen erstmals auf über 2 Millionen Fahrgäste je Jahr.  Der Betrieb musste im März 1945 eingestellt werden, nach Wiederaufnahme führten Hamsterverkehr und fehlende andere Beförderungsmöglichkeiten zu einem nie zuvor erreichten Ausmaß an Personenverkehr.

Von der bisherigen Eigentümerin, der Deutschen Eisenbahn Gesellschaft AG, erwarb das Land Hessen 1947/48 die Aktienmehrheit der Kleinbahn AG Frankfurt – Königstein. Das Land übertrug die Aktien zum 1. Januar 1966 der Hessischen Landesbahn GmbH, die nach wie vor mit der HLB Basis AG Mehrheitseigentümerin der Strecke ist.  

Glückwunsch aus Kelkheim:

„Im Namen der Stadt Kelkheim (Taunus) gratuliere ich der Königsteiner Bahn zum 120-jährigen Jubiläum. Die Königsteiner Bahn ist für unsere Stadt ein wichtiges und viel genutztes Verkehrsmittel. Die „Kleinbahn“ gehört zu Kelkheim und das schon seit über 100 Jahren.“ – Bürgermeister Albrecht Kündiger

Nachdem die erste Klasse bereits 1917 nicht mehr angeboten wurde entfiel mit der bundesweiten Klassenreform 1956 die dritte Wagenklasse, so dass lange Jahre ausschließlich die 2. Wagenklasse angeboten wurde.  Erst seit 2006 wird den Reisenden wieder die erste Wagenklasse angeboten.

Die Bahn wurde immer mehr genutzt, ohne dass die Einnahmen stiegen. Zum Sommerfahrplan 1959 wurde der größte Teil der Zugleistungen von Dampf- auf Dieselbetrieb umgestellt, wobei drei neue Trieb- und vier Beiwagen von der Maschinenfabrik Esslingen in den Dienst gestellt wurden. 1961, 1967 und 1972 kamen weitere Triebwagen hinzu. Am 30. Mai 1969 wurde dann der Dampfbetrieb endgültig eingestellt. Am 1. Januar 1976 wurde der Stückgutverkehr eingestellt.

Bis heute nicht ins Frankfurter S-Bahn-Netz integriert

Seit 1970 bestanden Pläne, die Königsteiner Kleinbahn in das Frankfurter S-Bahn-Netz zu integrieren. Aufgrund des Defizits von bis zu 2,3 Millionen DM konnte die Integration bis 1978 zur Einweihung der S-Bahn nicht realisiert werden. Deshalb kam dann die Gesamtstilllegung oder zumindest die Teilstilllegung (Abschnitt Kelkheim – Königstein) ins Gespräch. Nachdem aber Verkehrszählungen ergaben, dass das hohe Verkehrsaufkommen unmöglich verlegt werden könne, wurde der Personenverkehr auf der Schiene belassen und die Strecke wurde modernisiert. Die Betriebsführung war 1974 im Vorgriff auf die Integration der Strecke an die Deutsche Bundesbahn übergegangen.

Die Bundesbahn verlor aber ihr Interesse, so dass seit 1. Januar 1983 die Hessische Landesbahn für den Betrieb der Strecke verantwortlich zeichnet. Die FK trat dem Frankfurter-Verkehrs-Verbund bei mit der Zielstellung mit modernen Fahrzeugen einen S-Bahn ähnlichen Verkehr mit Durchbindung nach Frankfurt Hbf anzubieten. 1980 wurde in Anwesenheit des damaligen hessischen Verkehrsministers Heinz Herbert Karry der Spatenstich für die Modernisierung der Strecke durchgeführt. Im selben Jahr begannen die Maßnahmen für abschnittsweise Geschwindigkeitserhöhungen und den Neubau der Bahnsteige. Parallel wurden neue Fahrzeuge gesucht: Verschiedene Fahrzeuge wurden erprobt, am Ende erhielt die Firma Linke-Hofmann-Busch den Zuschlag für die Lieferung von acht dieselelektrischen Triebwagen, die seit 1987 im Taunus im Einsatz stehen und Ende 2022 durch neue Fahrzeuge aus denselben Werkhallen in Salzgitter abgelöst werden.

Zum 100-jährigen Jubiläum im Jahr 2002 wurde der Bahnhof Königstein modernisiert. Für einen direkten Umstieg von Bus auf Bahn wurde die Bahnsteiganlage einschließlich Bau einer Bahnsteigüberdachung angepasst. 2006 wurden 10 weitere Fahrzeuge in Betrieb genommen, die auch heute noch auf der Strecke unterwegs sind, um den zwischenzeitlich durch die zusätzlichen Züge und die erfolgte Taktverdichtung auf 30 Minuten auf ganzer Strecke gewährleisten zu können. Obendrein wurde der Nachtverkehr bis 1 Uhr ausgeweitet.  

Aktueller Stand

Das Jahr 2022 wird zu Änderungen im Betrieb der Strecke führen: Der Rhein-Main-Verkehrsverbund beschafft für den Betrieb auf mehreren Strecken insgesamt 27 hochmoderne Wasserstoff-betriebene Triebzüge, die mit Brennstoffzellen ein neues Kapitel im umweltfreundlichen Schienenpersonennahverkehr schreiben werden. Ab Fahrplanwechsel im Dezember 2022 werden die modernen Triebzüge die bislang verkehrenden Dieseltriebzüge ablösen.

Durch die starke Inanspruchnahme der Eisenbahn wird derzeit untersucht, unter welchen Voraussetzungen eine Verdichtung des heute bereits fast ganztägig bestehenden 30 Minuten Taktes zwischen Frankfurt und Kelkheim möglich ist.

Quelle: „Eisenbahnen im Rhein-Main-Gebiet“, Autoren: Günter H. Köhler und Andreas Christopher, Verlag: Eisenbahn-Kurier, Erscheinungsdatum: 1983, ISBN: 3-88255-600-4.

Unfall 1

Die Kleinbahn machte in den letzten Jahren durch zwei schwere Unfälle von sich reden und hat dadurch eine traurige Berühmtheit erlangt. Am 17. November 1966 erforderte ein Unfall sieben Menschenleben und 95 Verletzte, als der abendliche Berufsverkehrszug, geführt von Lok 262, frontal mit einem führerlosen Triebwagenzug, bestehend aus den VS 204, 202 und VT 101, bei Oberliederbach zusammenstieß. Der Triebwagen hatte sich in Kelkheim-Hornau selbständig gemacht. Der VS 204 sowie sämtliche Personenwagen des Berufszuges wurden dabei so schwer beschädigt, dass sie ausgemustert werden mussten. – s. auch Button ganz unten

Unfall 2

Ein weiteres schweres Zugunglück ereignete sich am 16. September 1976. Zwischen Schneidhain und Kelkheim-Hornau bauten bisher unbekannte Täter in einer unübersichtlichen Kurve eine Mauser aus Kalksandsteinen auf. Der erste aus Königstein kommende Frühzug prallte dagegen, VT 91, der am Zuganfang lief, sprang aus den Schienen und stürzte eine Böschung hinunter, wobei das Fahrgestell stark beschädigt wurde. Wie durch ein Wunder wurde mit Ausnahme des Triebwagenführers niemand verletzt. Nach dem Unglück fuhr eine Zeitlang täglich eine Draisine die Strecke frühmorgens vor dem ersten Zug ab, um eine Wiederholung eines derartigen Anschlags zu vermeiden.