Ein Jahr Ukrainehilfe - Gut, dass es sie gibt, unermesslich traurig, dass es sein muss

Von Petra Pfeifer, 6. März 2023

Königstein. Geburtstage sind eigentlich eine feine Angelegenheit. Erste Geburtstage sowieso. Doch es gibt auch Ausnahmen bzw. zwei Seiten einer Medaille. Zum Beispiel bei der Ukrainehilfe Königstein (UHK). Sie hat sich fast umgehend nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine gegründet, hatte somit gerade ihren ersten Geburtstag. Dass es sie gibt, ist, ohne Frage, eine ausgesprochen positive Sache. Durch sie wurde in den vergangenen Monaten vielen Menschen geholfen, die aus dem Kriegsgebiet flüchteten, flüchten mussten. Es wurden Unterkünfte geschaffen, Königsteiner Bürger stellten Wohnraum zur Verfügung, umfangreiche Sachspenden halfen vor allem Frauen und Kindern, wieder so etwas wie einen Hausstand zu eröffnen, Betreuungsplätze und Sprachunterrichte wurden organisiert und sehr viel mehr.

Ein zerstörtes Wohnhaus in Saporishja. Hier starben alleine über 50 Zivilpersonen.

Doch dass es sie noch immer gibt, dass nach über 375 Tagen noch immer Tod, Leid und Zerstörung in der Ukraine herrschen, dass auf diese und die Hilfe vieler ähnlicher Organisationen nicht allein hier in der Region auf lange Sicht nicht zu verzichten ist, stimmt abgrundtief traurig und sorgt außerdem bei vielen Menschen für Bedenken oder gar Angstzustände.

Immerhin: Die Ukrainehilfe Königstein konnte den Schwerpunkt ihrer Arbeit verlagern. Hier vor Ort ist im Grunde alles im Lot. „Bereits im vergangenen Sommer zeichnete sich ab, dass die Ukrainer:innen hier in Königstein sozial und finanziell weitestgehend abgesichert sind. Sie sind alle gut miteinander vernetzt und helfen einander gegenseitig“, so Christian Schönwiesner, der zusammen mit seiner Frau Stella – sie betreut heute noch ukrainische Frauen bei Fragen im Alltagsleben – und Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer zu den Gründungsmitgliedern der Ukrainehilfe Königstein zählt.

Ein Generator für eine Armenküche in Kherson.

An diesem Punkt angelangt überlegten die Verantwortlichen, wie es nun weitergehen solle. Klar war schnell, dass man sich nicht auf dem Erreichten ausruhen wollte. „Im Herbst haben wir uns dafür entschieden, vor Ort Hilfe zu leisten“, berichtet Christian Schönwiesner. Ein gebrauchter Transporter wurde gekauft und im November ging die erste Fahrt in die Ukraine. Vorherige Transporte von befreundeten Gruppen seien meist „nur“ bis zur polnisch-ukrainischen Grenze gegangen.

Es gibt verschiedene Zielorte, die nunmehr zwei- bis dreimal pro Monat angesteuert werden. „Zu ihnen gehören Ternopil, Cherson, Mykolajiw und Odessa – das sind alles Orte, an denen wir zuverlässige Ansprechpartner haben“, so Schönwiesner. Denn die Ukrainehilfe Königstein hat zwar Partner an Bord – zum Beispiel das Deutsch-Ukrainische Forum (DUF) – doch „wir konzentrieren uns darauf, außerhalb staatlicher Strukturen zu agieren, denn wir wollen sichergehen, was wo ankommt“. Zwei besonders großen Generatoren – 250 und 60 KW – wurden zum überwiegenden Teil von der UHK finanziert und in Kooperation mit dem DUF brachte diese wiederum USAid per Tieflader nach Nikolajew.

Zu den Gütern, die die Ukrainehilfe regelmäßig transportiert, gehören massenweise medizinisches Material, Solaranlagen oder Generatoren. Aber auch Gaskocher, Schlafsäcke, Powerbanks, Taschenlampen, Kerzen und Reflektoren für Kleidung werden dringend in der Ukraine benötigt.

„Ganz am Anfang haben wir zum Beispiel direkt fünf autonome, autarke und mobile Solaranlagen geliefert, dann kamen immer wieder Stromgeneratoren hinzu“, erinnert sich Schönwiesner. Ausgestattet wurden mit solchen Geräten bisher zum Beispiel ein Kinder-Internat, mehrere Armenküchen, medizinische Einrichtungen, die Feuerwehren Charkiv und Mykolajiv oder ein Kloster.

Eine ganz besondere Fahrt unternahm Michael Post, der die meisten Transporte übernimmt, am 24. Dezember 2022. „Kinder der Grundschulen in Mammolshain und Kriftel hatten unter der Überschrift ‚Weihnachten im Schuhkarton‘ über 50 Pakete ge- und verpackt“, berichtet der einstige Polizist, der dann quasi als Weihnachtsmann fungierte und pünktlich an Heiligabend bei kleinen Patienten eines Kinderkrankenhauses für große Freude sorgte. Auch die Mitarbeiter konnten sich über Einiges an professioneller medizinischer Ausrüstung freuen.

Medizinischer Bedarf und Medikamente für eine Arztpraxis in Kherson.

Auf einer der letzten Fahrten erhielt Michael Post noch eine wichtige Information: „Seit Kriegsbeginn sind die Zahlen bei den Verkehrsunfällen extrem in die Höhe geschnellt, um das Zehnfache.“ Das sei angesichts der Tatsache, dass es teilweise wegen der Zerstörung gar keine Straßenbeleuchtung mehr gebe bzw. aufgrund zu befürchtender Angriffe nicht eingeschaltet werde, nicht verwunderlich.

Dringend benötigt: Schutzwesten

Auf der Fahrt nach Hause kam dem Mitglied der Verkehrswacht Obertaunus ein grandiose Idee und er rief mal rasch beim Vereinsvorstand an: „Wie wäre es, wenn wir eine Schule mit 500 reflektierenden Schutzwesten für die Kinder ausstatten?“ Ein Vorschlag, der sofort in die Tat umgesetzt und durch Vereinsmittel bezahlt wurde. Gleichzeitig eine Idee, die auf extrem große Gegenliebe stieß: „Nachdem andere Schulleiter von der ersten Auslieferung davon erfahren hatten, riefen sie ebenfalls an und die Anforderung stieg umgehend auf 1500 Westen.“ Lediglich 24 Stunden später hätten weitere Schulen ihren Bedarf beim Kooperationspartner Ilya Derechin angemeldet. Insgesamt beläuft sich die Zahl jetzt auf 5.600 Reflektorwesten für 17 Schulen. Die Verkehrswacht Obertaunus spendete umgehend erneut 1.500 Schutzwesten, der Lions Club, der schon etliche tausend Euro für Powerbanks gespendet hat, finanzierte 1.600 Westen, AXA-Versicherung 500 und aus dem Budget der Friedenskasse der UHK kommen nochmals 500 Westen hinzu. – Fotos: UHK

So kann die Hilfe weitergehen

Wer die Ukrainehilfe (weiterhin) unterstützen möchte, kann dies mit einer Geldspende tun – die Kontoverbindung ist ganz unten vermerkt –, die vor allem in größere Anschaffungen wie sehr leistungsfähige Generatoren oder Solaranlagen fließen. Die Organisatoren freuen sich aber auch über Sachspenden wie im Artikel bereits aufgezählt:

  • Gaskocher
  • Schlafsäcke
  • Generatoren
  • Powerbanks
  • Medikamente
  • Verbandsmaterial
  • medizinische Ausstattung
  • Taschenlampen
  • Kerzen
  • Reflektoren für Kleidung

Außerdem wichtig!!!

Das Lager der Ukrainehilfe Königstein im alten Gebäude der Feuerwehr Schneidhain muss leider geräumt werden. Es wird daher eine neue Unterbringungsmöglichkeit für die Sachspenden gesucht: „Eine große Garage ist ausreichend“, sagt Christian Schönwiesner.

Bankverbindung Ukrainehilfe:

IBAN: DE20 5019 0000 6800 2178 47

Stichwort: Ukrainehilfe

Spendenquittungen stellt die evangelische Immanuelgemeinde Königstein aus – bitte Stichwort, Name, Straße, PLZ und Ort in Betreff eintragen.

Für eine Überweisung per Banking-App kann auch dieser Giro-Code verwendet werden: