Von Gartenschläfern, Obstbaumpflege und Höhlenbäumen

Spaziergang im Rahmen des Aktionsjahres „Kelkheim schützt den Gartenschläfer“

Unterwegs auf dem Streuobstgelände.- Foto: Tobias Scherner

21. Mai 2023

Kelkheim (ut). Bei schönstem Wetter begaben sich am Muttertag rund 40 Naturfreund:innen gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) Hessen und dem Obst- und Gartenbauverein (OGV) Fischbach 1906 e.V. auf einen Spaziergang über die Streuobstwiesen rund um den Rettershof. Auf der rund fünf Kilometer langen Strecke erfuhren die Teilnehmenden von Susanne Steib (BUND Hessen) und Tobias Scherner (OGV Fischbach) Wissenswertes über das Kulturgut und den Lebensraum Streuobst, in dem bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten beheimatet sind. Wie auch der Gartenschläfer, das „Tier des Jahres“ 2023. Der kleine gefährdete Bilch mit der Zorromaske besiedelt vor allem im Rhein-Main-Gebiet siedlungsnahe Streuobstwiesen.

„Besonders reich strukturierte Streuobstbestände mit Altbäumen, die durch Hecken und Feldgehölze miteinander vernetzt sind, sind beim Gartenschläfer beliebt. Hier findet er Rückzugsorte in Baumhöhlen sowie Nahrung in Form von Insekten und Früchten. Die Hecken bieten ihm Deckung“, erklärt Steib. Doch was vielen Menschen nicht bewusst ist: Streuobstwiesen sind kein natürlicher Lebensraum, sondern gehören zur vom Menschen gemachten Kulturlandschaft. Um sie zu erhalten, müssen sie gepflegt werden. Werden die Flächen nicht beweidet, müssen sie mindestens einmal im Jahr gemäht und die Obstbäume geschnitten werden. Scherner: „Der OGV Fischbach betreut insgesamt ca. 450 Bäume und setzt sich so für den Erhalt dieses Kulturguts ein. Die Pflege ist, gerade bei überalterten Beständen und daraus resultierenden Neupflanzungen, sehr aufwändig. Dies ist für viele Besitzerinnen und Besitzer ein Hauptgrund dafür, die Bewirtschaftung von Streuobst einzustellen oder stark zu reduzieren. In der Folge sind über die Jahrzehnte viele Flächen brach gefallen.“ Hinzu kämen die veränderten klimatischen Bedingungen, wie die im Sommer oft langanhaltende Trockenheit und durch Stress verursachte Krankheiten der Bäume, so Scherner.

An mehreren Stopps thematisierten die Fachleute verschiedene Aspekte der Streuobstwiesenbewirtschaftung, deren Veränderung über die Jahrhunderte und daraus resultierende Auswirkungen für Tiere und Pflanzen. „Die Landschaft war noch vor 70 Jahren viel kleinteiliger, meist hatten die vielen kleinen Stücke Hecken, die als natürliche Grenze dienten. Dieser Strukturreichtum hat abgenommen und damit sind auch Lebensräume für viele Tiere verschwunden“, sagt Steib. Daher gilt es, auch und insbesondere für den Gartenschläfer die verbleibenden Lebensräume zu schützen und neue zu schaffen. Dazu gehört auch die Anbringung von Nistkästen für den Bilch auf Flächen der Mitglieder des OGV, um ihm zusätzliche Rückszugsorte zu bieten. 

Nach rund zwei Stunden endete der Spaziergang wieder am Kelterhaus des OGV am Rettershof, wo selbst gekelterter Apfelsaft- und Apfelwein für eine willkommene Erfrischung sorgten und zu angeregten Gesprächen einluden.

Hintergrund

Die Veranstaltung fand im Rahmen des Aktionsjahres „Kelkheim schützt den Gartenschläfer“ statt, das die AG Naturschutz der Stadt Kelkheim und der BUND gemeinsam durchführen. Verschiedene Veranstaltungen geben spannende Einblicke in die Lebensräume des Gartenschläfers und zeigen auf, was Alle tun können, um den kleinen Zorro zu schützen.

Ein Eliomys Quercinus, mit bürgerlichem Namen: Ein Gartenschläfer. – Foto: Dana Šípková

Gartenschläfer im Main-Taunus-Kreis

Im Main-Taunus-Kreis sowie entlang Rhein und Main ist der Gartenschläfer Kulturfolger und vor allem im Siedlungsraum stellenweise recht häufig anzutreffen. Städte haben damit einen hohen Stellenwert für den Erhalt und die Wiederausbreitung der Art. Generell hat der Bestand des Gartenschläfers deutschlandweit, vor allem aber in den östlichen Verbreitungsgebieten Deutschlands, über die vergangenen Jahrzehnte stark abgenommen. Die möglichen Ursachen dieses Rückgangs wurden seit 2018 mithilfe vieler freiwilliger Bürgerwissenschaftler:innen erforscht, sodass seit 2022 gezielte Schutzmaßnahmen umgesetzt werden können. Auch der Schutz und die Aufwertung von Streuobstflächen gehören dazu. Das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Weitere Informationen gibt es unter: www.gartenschlaefer.de und http://www.bund-hessen.de/gartenschlaefer