Eine überaus klangvolle „Lebensversicherung“
Jugendchor Hochtaunus sorgt mit Nachrichten aus der Welt für jede Menge Freude
Von Petra Pfeifer, 25. August 2024
HTK/Usingen. Es ist kurz nach 18 Uhr und das zahlreiche Publikum in der Evangelischen Laurentiuskirche blickt erwartungsfroh Richtung Altar. Schließlich wird in diesen Minuten der Jugendchor des Hochtaunuskreises zu einem seiner alljährlichen Konzerte erwartet – am Vorabend gastierte er bereits in Kronberger Johanniskirche. Doch tatsächlich lassen sich die ersten Klänge von hinten vernehmen, von der Turmtür. Mit dem „Sommarpsalm“ des Schweden Waldemar Åhlén auf den Lippen schreiten die jungen Menschen auf der rechten und linken Seite sowie durch die Mitte des Kirchenschiffs dem Chor zu – mit ein wenig Abstand folgt Chorleiter Tristan Meister.
Bevor es jedoch weiter in medias res geht, begrüßt Kreisbeigeordnete Antje van der Heide in Vertretung von Landrat Ulrich Krebs die Gäste. Insbesondere dankt sie der Johann-Isaak-von-Gerning-Stiftung und dem Sängerkreis Hochtaunus als Trägern dieses Klangkörpers sowie dem Kulturfonds Frankfurt RheinMain und der Taunus Sparkasse als dessen treuesten und großzügigen Förderern: „Sie tragen mit ihrem Engagement maßgeblich zu der erfolgreichen Arbeit des Jugendchors bei.“
Wie in den Vorjahren geben im Verlauf des kurzweiligen Konzerts einzelne Chormitglieder einen kurzen Abriss zu den gewählten Werken und ihren Komponisten: „Wir haben unter der Überschrift ‚News of the world‘ acht Tage intensiv geprobt und möchten die Welt mit den verschiedenen Liedern aufzeigen.“ Auf dem Programm stehen schwedische Volkslieder, deutsche Romantik und Barockmusik, darüber hinaus Gospel und zeitgenössische, grafisch notierte Werke – und viele interessanten Informationen.
Zum Beispiel dass das folgende Lied „Lockung“ von Fanny Hensel verfasst wurde, der älteren Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy. Zwar habe sie über 460 Kompositionen geschrieben, doch eine musikalische Karriere und Veröffentlichungen seien ihr – im Gegensatz zu Bruder Felix, dem sie Zeit ihres Lebens sehr nahe stand – von der Familie untersagt worden. Förderung und Unterstützung habe sie jedoch von ihrem Ehemann Wilhelm Hensel erhalten. Der Text von „Lockung“ wiederum basiere auf einem Text von Joseph von Eichendorff.
Nach dem hoffnungsfrohen Lied „Kein schöner Land“ von Wolfram Buchberger kommen kampflustig und treibend „The Tyger“ von Emil Råberg – „wohl das bekannteste Gedicht in englischer Sprache“ –, „Darthulas Grabesgesang“, das einst Johannes Brahms auf das gleichnamige Gedicht von Johann Gottfried Herder komponierte und „Herr, auf dich traue ich“ von Heinrich Schütz zur Aufführung: „Hierin wird Gott aufgerufen, unsere Sorgen zu erhören.“
Es folgt mit „Vanha Linna (Das alte Schloss)“ das wohl ungewöhnlichste Stück des Abends: „Es wurde nicht in Noten, sondern grafisch verfasst.“ Dem Publikum bleibe hierbei die Beurteilung überlassen, ob einen Spuk oder ein Wind, der durch Fenster weht, akustisch umgesetzt werde. Die Empfehlung „Gruseln Sie sich nicht zu sehr“, wird auf jeden Fall mit einem Schmunzeln quittiert. Als Solistin besticht im anschließenden „Kaikki Maat Te Riemuitkaatte“ der zeitgenössischen finnischen Komponistin Mia Makaroff die Sopranistin Runa Niedecken, die für ihre Leistung einen Sonderapplaus erhält.
Und so dreht sich der bunte Reigen munter weiter – mal heiter und schwärmerisch, dann aber auch mal ein wenig melancholisch. Bis schließlich der jubilierende und treibende Gospel „Let Everything That Hath Breath“, bei dem das Publikum begeistert mit klatscht, den ersten Schlusspunkt hinter ein ebenso gelungenes wie abwechslungsreiches Chorkonzert setzt.
Die Bravo-Rufe und der lang anhaltende Applaus bleiben indes nicht unbeachtet und selbstverständlich gibt es eine erste Zugabe. Dass kurz darauf noch eine zweite erklingt, dürfte den künstlerischen Leiter Tristan Meister besonders überraschen. Doch zunächst ist es an ihm Dank auszusprechen. „Ich bin froh und dankbar, dass ihr nicht in Urlaub gefahren seid, sondern bei der Arbeitsphase dabei wart“, wendet er sich zunächst an die Mitglieder des Chors. Und an die anwesenden Eltern gerichtet: „Danke, dass Sie uns Ihre Kinder anvertraut haben und wenn Sie noch mehr Kinder haben, dann vertrauen Sie uns diese bitte auch an. Denn der Nachwuchs ist die Lebensversicherung für alle Chöre!“
Dann ist die Reihe an seiner musikalischen Assistentin Franziska de Gilde. „Bei so einer Arbeitsphase passiert mehr, als Du meinst“, sagt sie lächelnd. Immerhin feiere Tristan Meister dieses Jahr sein 10-jähriges Jubiläum beim Jugendchor des Hochtaunuskreises: „Und da wollen wir Dich nicht ohne musikalischen Gruß entlassen.“ Spricht’s und die Sängerschar setzt zu „Uti var hage“ des schwedischen Komponisten Hugo Alfvén an, allerdings mit einem komplett anderen Text. Denn das Arrangement von Andrea, Jonas, Maike, Tobi und Niklas beginnt mit „Zweitausenddreizehn kamst Du zu uns als Assistent, und ein Jahr später warst Du Dirigent.“ Und als sich mit „Wir freuen uns dich zu haben. Auf weitere zehn Jahre!“ das Lied seinem Ende zuneigt, strahlt Tristan Meister zwar, ist aber ausnahmsweise sprachlos: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
Übrigens: Als nächstes gastiert der Jugendchor Hochtaunus bei der Nacht der Chöre am 13. September in Bad Homburg, die vom Lions Club Weißer Turm veranstaltet wird.