Nach Einsatzbefehl an die untere Katastrophenschutzbehörde

Ein Protokoll: Erstaufnahme-Einrichtungen bereitgestellt und erste Flüchtlinge aufgenommen

13. März 2022

Hochtaunuskreis (pit/ut). Am Dienstagabend gegen 21.52 Uhr ereilte Landrat Ulrich Krebs per Mail ein Einsatzbefehl des hessischen Innenministeriums. Mit diesem wurde der Kreis damit beauftragt Notunterkünfte für die kurzfristige Unterkunft von insgesamt 1.000 geflüchteten Ukrainer:innen an höchstens zwei Standorten bis Samstag, 12. März, um 14 Uhr zur Verfügung zu stellen. In einer eiligst am Mittwoch anberaumten Pressekonferenz informierte er über weitere Hintergründe.

Die Leitung und Belegung der Einrichtungen werde – im Gegensatz zur Flüchtlingskrise von 2015, in der die Landkreise eigenverantwortlich handelten – von der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH) übernommen, die ihren Sitz in Gießen habe. Diese habe sich dafür entschieden, die jeweils an den Landkreis Gießen angrenzenden vier Landkreise Marburg-Biedenkopf, Wetterauskreis, Vogelsbergkreis und Hochtaunuskreis mit diesem Einsatzbefehl zu beauftragen.

„Das können wir nur umsetzen, indem wir diese Menschen in Sporthallen unterbringen – eine andere Lösung gibt es bei 500 Personen pro Standort in unserem Landkreis nicht“, so Ulrich Krebs und fügt an: „Wenn wir bedenken, was wir von den Hilfskonvois erfahren, so ist die Situation in den Grenzgebieten noch katastrophaler als das, was wir den Bildern im Fernsehen entnehmen können.“ Zum Beispiel müssten Mütter und Kinder bei derzeitigem Schnee und Eis unter freiem Himmel kampieren: „Da ist ein Dach – und wenn es das einer Sporthalle ist – doch ein gewisser Trost.“

In enger Abstimmung mit den Kommunen Kronberg und Neu-Anspach und nach gründlicher Abwägung der Sachargumente wurde folgende Entscheidung getroffen: Die dem Kreis zugewiesenen Flüchtlinge werden zunächst in den Sporthallen der Altkönigschule in Kronberg und der Grundschule am Hasenberg in Neu-Anspach untergebracht. Diese Hallen verfügen über die notwendige Größe und stehen selbst nicht unmittelbar auf einem Schulgrundstück. Zudem kann der organisatorische Ablauf an diesen Standorten – aufgrund der bestehenden Infrastruktur – gut organisiert werden. Die Schüler:innen der betroffenen Schulen können in benachbarte Einrichtungen ausweichen, um sich für ihre anstehenden Prüfungen weiter vorbereiten und sie dort absolvieren zu können.

Die Verteilung der Flüchtlinge selbst obliege der Gießener Institution. Erfreulich, dass schon über 100 Wohnungen von hiesigen Bürger:innen zur Verfügung gestellt wurden – Möglichkeiten für Hilfeleistungen sind am Ende des Artikels aufgeführt. Die freiwilligen Katastrophenschutzhelfer:innen wiederum stünden für die Erstversorgung zur Verfügung und die medizinische Versorgung könne zentral geleistet werden.

Die Umsetzung erfolgt rasant

Nur zwei Tage später folgte die nächste Einladung zu einem Pressetermin zum gleichen Thema. Dieser fand vor Ort in der Sporthalle der Altkönigschule statt, die bereits bestens vorbereitet wurde. Der Anblick der vielen Betten machte überaus betroffen. So viele Menschen – so nah beieinander. Mittels Bauzäunen und daran befestigtem Sichtschutz wurde die Halle jedoch später noch in verschiedene Bereiche eingeteilt, so dass einzelne Familien bzw. Gruppen halbwegs „unter sich“ sein können.

„Danke ans ganze Team, dass alles so zügig gelungen ist“, wandte sich Landrat Ulrich Krebs an die Versammelten. Darunter Kreisbrandinspektor Carsten Lauer, sein Stellvertreter Lars Bendorf, Jürgen Hirzel, stellvertretender Fachbereichsleiter Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz im HTK, Mark Henning, Kreisbereitschaftsleiter des DRK, Rettungsbeauftragter Uwe Riehl, Professor Dr. med. Volker Lischke, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Hochtaunuskreis, Gerhard Bruder vom Fachbereich Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienst, Heike Hoffmann, Geschäftsführerin der Taunus Menü Service GmbH sowie Katrin Hechler, Thorsten Schorr und Mitglieder der Einsatzabteilung der Kronberger Feuerwehr.

Jürgen Hirzel gab einen Einblick in das in nur 48 Stunden Geleistete: „Wir hatten den Auftrag, Unterkünfte für 1000 Menschen zu schaffen und haben uns für die Hallen hier und in Neu-Anspach wegen ihrer großen Flächen entschieden.“ Zwar sei die Zahl der Betten mit insgesamt 815 trotzdem nicht ganz erreicht worden, doch sie sei ein guter Schnitt und auf diese Weise konnte auch das Kriterium der UN eingehalten werden, dass jede Person vier Quadratmeter „Raum“ für sich habe. Zudem: „Die Aufnahme hier soll lediglich kurzzeitig sein und die Grundbedürfnisse sind erfüllt.“

Dies alles sei vor allem durch den Einsatz des Katastrophenschutzes möglich geworden. Die Löschzüge aus Kronberg, Oberursel, Bad Homburg, Weilrod und Glashütten hätten hierfür in Schichtarbeit Hand in Hand gewirkt. Insgesamt rund 100 Einsatzkräfte, spiegelgleicher Einsatz in Neu-Anspach. Zwei weitere bedeutende Einheiten seien die Betreuungszüge des Deutschen Roten Kreuzes, die für die kommenden zwei Wochen hier ehrenamtlich wirken, um dann von einem anderen Träger abgelöst zu werden.

Eine Sache war Jürgen Hirzel in diesem Zusammenhang auch wichtig zu betonen: „Die Hilfsbereitschaft ist bei manchen Einsätzen mal mehr, mal etwas weniger ausgeprägt, in diesem Fall sind die Befehle sehr, sehr gern befolgt worden, daher liegen wir weit vor dem Zeitplan!“

Kronbergs Bürgermeister dankte auch dem Kollegium und den Schüler:innen der AKS: „Sie alle haben die Herausforderung gestemmt, alles zu verstauen und umzuorganisieren.“ Die Schüler:innen hätten darüber hinaus schon viele Hilfsangebote ausgesprochen: als Dolmetscher, private Unterbringung, Beschäftigung mit den ankommenden Kindern und Jugendlichen. „Wir alle gemeinsam wollen, dass sich die Menschen hier möglichst wohl fühlen und zur Ruhe kommen“, so der Rathauschef.

Heike Hoffmann hat sich mit ihrem Team bereits im Vorfeld darauf eingestellt, dass viele der Flüchtlinge Nahrungsmangel haben. Daher werde für besonders vitaminreiche Kost gesorgt. Uwe Riehl und seine DRK-Kolleg:innen sind auf medizinische und menschliche Nöte gefasst: „Die psycho-soziale Notfallbetreuung wird ein breites Spektrum sein.“ Professor Dr. med. Volker Lischke ist als Fachberater für Medizin mit an Bord: „Wir ergänzen uns mit dem Gesundheitsamt und können uns auf verschiedene Szenarien einstellen.“

Die ersten Busse kamen direkt am Samstag an

Die vom Hessischen Innenministerium angekündigten ersten Flüchtlinge haben gestern Nachmittag gegen 15 Uhr die Notunterkunft in der Sporthalle der Altkönigschule Kronberg erreicht und bezogen. Es wurden rund 390 Flüchtlinge in acht Bussen dorthin gebracht. Unter den Flüchtlingen befanden sich überwiegend Mütter mit Kleinkindern und Kindern im Alter von 4 bis 18 Jahren. Die Menschen wurden nach einem ersten kurzen medizinischen Check-up mit Lebensmitteln versorgt, um anschließend in den vorbereiteten Schlafmöglichkeiten Ruhe zu finden.

Landrat Ulrich Krebs, Erster Kreisbeigeordneter Thorsten Schorr, Kreisbeigeordnete Katrin Hechler und Bürgermeister Christof König dankten nochmals allen, vor allem den ehrenamtlichen Helfer:innen für ihre hervorragende Arbeit in den vergangenen Tagen: „Die komplette Vorbereitung verlief unter hohem Zeitdruck beispielhaft und mit großem Einsatz aller Beteiligten. Die Flüchtlinge haben nun erst einmal ein Dach über dem Kopf und werden mit dem Notwendigsten versorgt. Auch für die mitgebrachten Haustiere wurde eine Unterbringung auf dem Gelände ermöglicht“, so die politischen Vertreter, die sich selbst ein Bild von der Situation vor Ort machten.

So wird den Flüchtlingen am besten geholfen

Die Flüchtlinge, die in der Notunterkunft des Landes Hessen in den Städten Kronberg und Neu-Anspach in den Sporthallen vorübergehend untergebracht werden, rufen eine große Hilfsbereitschaft und ein enormes ehrenamtliches Engagement in der Bevölkerung hervor. „Seit Ankündigung der Notunterkünfte haben den Kreis und die Städte Kronberg und Neu-Anspach zahlreiche Anrufe und E-Mails erreicht“, erklären Landrat Ulrich Krebs und Kreisbeigeordnete Katrin Hechler. „Wohin mit Spenden? Wie kann ich mich ehrenamtlich engagieren?“ Die Städte Kronberg und Neu-Anspach registrieren die Hilfsangebote und vermitteln diese an den Verwaltungsstab vor Ort in der Unterkunft. Zudem besteht ein enger Kontakt zu den Organisationen vor Ort, was genau aktuell benötigt wird.

Die Kontaktdaten bei der Stadt Kronberg für ehrenamtliche Helfer:innen sind: kronberghilft@kronberg.de, Telefon 06173-7031077.

Die Kontaktdaten bei der Stadt Neu-Anspach für die ehrenamtlichen Helfer:innen sind: ukraine@neu-anspach.de, Telefon 06081-10255115.

Zudem steht die Anlaufstelle des Landkreises für Hilfsangebote „Hochtaunuskreis-hilft“ unter der E-Mailadresse: hochtaunuskreis-hilft@hochtaunuskreis.de für schriftliche Anfragen zur Verfügung. Jede Anfrage wird zeitnah bearbeitet und an die entsprechenden Stellen weitergeleitet.