Zum „Tag des Gartens“

Mehr wilde Gärten für den Gartenschläfer, dem „Tier des Jahres“ 2023

7. Juni 2023

Hessen/Kelkheim (ut). Vielfalt statt Monotonie: Das ist das Motto für die Gestaltung des gartenschläferfreundlichen Gartens. Wo sich dichte naturnahe Hecken, artenreiche Säume und blütenreiche Wildblumenwiesen abwechseln, fühlt sich der bedrohte Gartenschläfer, das „Tier des Jahres“ 2023, besonders wohl. Zum „Tag des Gartens“ am 11. Juni 2023 gibt der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND Hessen) Tipps für eine Gartengestaltung, von der nicht nur die Gartenschläfer, sondern viele weitere Tiere wie Igel und Wildbienen profitieren. „Lassen Sie in Ihrem Garten wieder mehr Naturnähe zu. Ganz einfach geht das, indem man „wilde Ecken“ hinnimmt, also eine Ecke des Gartens sich selbst überlässt. Viele Tiere finden hier Rückzugsorte und Schlafplätze und es kommt Leben in den Garten“, weiß Susanne Steib, Koordinatorin des Projekts „Spurensuche Gartenschläfer“ beim BUND Hessen. Wer aktiver sein möchte, kann Hecken aus heimischen Sträuchern wie Holunder, Haselnuss und Weißdorn anpflanzen und so auf kleinstem Raum ein Mosaik unterschiedlicher Kleinstlebensräume gestalten. Steib: „Es gibt eine Reihe von Sträuchern und Wildobst, die Gartenschläfer als Versteck oder Nahrung besonders mögen. Auf unserer Themenseite ,Gärten fit machen für den Gartenschläfer‘ haben wir als Inspiration eine Reihe von Steckbriefen heimischer Sträucher und Obstbäume zusammengestellt. Zudem finden sich dort Tipps für den naturnahen Garten – schauen Sie einfach mal rein.“

So sieht ein Bilchkasten aus – der Eingang ist auf der Rückseite. – Foto: Susanne Steib

Der Schutz von Gartenschläfern fängt schon bei ganz banalen Dingen an. Zum Beispiel sollten Regentonnen stets abgedeckt sein, sodass keine Tiere hineinfallen und ertrinken können. Wo dies nicht möglich ist, helfen Stöcke beim Herausklettern. „Auch Gift hat in einem naturnahen Garten nichts zu suchen. Pflanzenschutzmittel und Nagergifte sind nicht nur für den Gartenschläfer eine große Gefahr, sondern auch für unsere Insektenwelt. Und wo die Insekten weniger werden, verschwinden auch andere Arten, die auf sie als Nahrung angewiesen sind“, sagt Steib. Spezielle Nistkästen für den Gartenschläfer unterstützen die Art bei der Wohnungssuche und bieten sichere Schlafplätze. Eine einfache Bauanleitung stellt der BUND unter www.gartenschlaefer.de/nistkasten zur Verfügung.

Mit einer Vielzahl an verschiedenen Bäumen, Sträuchern und Stauden und ein paar wichtigen Kniffen werden Gärten also nicht nur für die kleinen Zorros zu einer Oase, sondern auch für viele andere Tiere und Pflanzen. Somit hilft ein gartenschläferfreundlicher Garten, die biologische Vielfalt zu schützen. Machen auch Sie mit!

Hintergrund

Gartenschläfer kommen in Hessen vor allem entlang von Rhein und Main vor, wo sie neben den Siedlungen auch Kleingärten, Streuobstwiesen und Gehölze bewohnen. Sie lieben dichte und naturnahe Hecken, die ihnen sichere Verstecke zum Schlafen und zur Jungenaufzucht und Nahrung bieten. Als Allesfresser leben sie sowohl von Früchten und Samen, als auch von Insekten und Spinnen. Die Bestände scheinen im Südwesten Deutschlands recht stabil zu sein, generell hat der Bestand des Gartenschläfers deutschlandweit, vor allem aber in den östlichen Verbreitungsgebieten Deutschlands, über die letzten Jahrzehnte stark abgenommen. Die möglichen Ursachen dieses Rückgangs wurden seit 2018 mithilfe vieler freiwilliger Bürgerwissenschaftler*innen erforscht, sodass seit 2022 gezielte Schutzmaßnahmen umgesetzt werden können. Das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Gärten für den Gartenschläfer

Geführter Spaziergang im Kleingärtnerverein „Krautgärten“ im Rahmen des Aktions-Jahres „Kelkheim schützt den Gartenschläfer“

Gartenschläfer an einer Futtersäule.- Foto: Maren Goschke

Am Samstag, den 17. Juni 2023 von 15 bis 17 Uhr, laden der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Kleingärtnerverein 1992 „Krautgärten“ gartenbegeisterte Menschen und Naturfreund*innen zu einem gemeinsamen Spaziergang durch die Kleingartenanlage des Vereins in Kelkheim-Münster ein. In der Anlage sind Gartenschläfer seit einigen Jahren heimisch und willkommene Gäste. Susanne Steib vom BUND Hessen vermittelt Wissenswertes über die Biologie der gefährdeten Schlafmaus mit der Zorro-Maske, die Bedeutung von Kleingärten als Lebensraum und gibt Tipps für eine gartenschläferfreundliche Gartengestaltung und Schutzmaßnahmen, die Alle umsetzen können. Sascha Apitz, Vorsitzender des Kleingärtnervereins, führt über die Anlage samt Naturlehrgarten und stellt die Arbeit des Vereins und dessen Schutzbemühungen für den Gartenschläfer vor.

Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Aktionsjahres „Kelkheim schützt den Gartenschläfer“ statt, das die AG Naturschutz der Stadt Kelkheim und der BUND gemeinsam durchführen. Verschiedene Veranstaltungen geben spannende Einblicke in die Lebensräume des Gartenschläfers und zeigen auf, was Alle tun können, um den kleinen Zorro zu schützen.

Hintergrund

Im Main-Taunus-Kreis sowie entlang Rhein und Main ist der Gartenschläfer Kulturfolger und vor allem im Siedlungsraum stellenweise recht häufig anzutreffen. Städte haben damit einen hohen Stellenwert für den Erhalt und die Wiederausbreitung der Art. Generell hat der Bestand des Gartenschläfers deutschlandweit, vor allem aber in den östlichen Verbreitungsgebieten Deutschlands, über die letzten Jahrzehnte stark abgenommen. Die möglichen Ursachen dieses Rückgangs wurden seit 2018 mithilfe vieler freiwilliger Bürgerwissenschaftler*innen erforscht, sodass seit 2022 gezielte Schutzmaßnahmen umgesetzt werden können. Auch der Schutz der Lebensräume im Kleingarten gehört dazu. Das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert.

Veranstaltungsdaten

Datum: Samstag, 17. Juni 2023 von 15 bis 17 Uhr

Ort: Haupteingang der Kleingartenanlage in Kelkheim-Münster, Parken „In den Padenwiesen“. Fußweg ca. 5 Minuten.


„Zorro“ ist vielen Gefahren ausgesetzt. – Foto: BUND | Jiří Bohdal

Pestizide vergiften Gartenschläfer

Berlin (ut). Der Einsatz von Pestiziden gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den wesentlichen Ursachen für das dramatische Verschwinden des Gartenschläfers, dem Wildtier des Jahres 2023. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung haben in ihrem Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ nachgewiesen, dass die Tiere erheblich durch verschiedene Insektizide und Rattengifte belastet sind.

Sven Büchner, Gartenschläfer-Experte der Justus-Liebig-Universität Gießen: „Wir haben inzwischen mehr als 100 tote Gartenschläfer untersucht und kaum einer davon war frei von Gift. Zwischen vier und 21 Substanzen wurden gleichzeitig in den Tieren nachgewiesen. Und das in zum Teil erheblichen Konzentrationen.“

Der Gartenschläfer ist ein kleiner Verwandter des Siebenschläfers und war ursprünglich weit in Deutschland und Europa verbreitet. Doch allein in den letzten 30 Jahren ging die Verbreitung des Gartenschläfers europaweit um rund 50 Prozent zurück. Ein Verdacht: Pestizide könnten dabei eine Rolle spielen.

Büchner: „Im Labor kam die Bestätigung: In den Lebern der toten Gartenschläfer fanden sich zahlreiche Pestizide, die aktuell im Einsatz sind, darunter Insektizide und Fungizide.“ Gleichzeitig wiesen die Forscher:innen auch hohe Konzentrationen des Insektengifts DDT bzw. dessen Abbauprodukten in den Tieren nach. „Das hat uns doch erschrocken, da DDT in Deutschland bereits seit den 1970er Jahren verboten ist. Diese super-persistenten Chemikalien verbleiben in der Umwelt und gefährden über Jahrzehnte Wildtiere, Umwelt und auch die Gesundheit des Menschen.“ Darüber hinaus war jeder zweite Totfund zusätzlich mit Rattengift belastet, das auch für Greifvögel, Füchse, Wiesel und andere Wildtiere hochtoxisch ist.

Der Gartenschläfer ist ein nachtaktiver Kleinsäuger aus der Familie der Bilche. – Foto: Rudi Leitl

Corinna Hölzel, Pestizidexpertin des BUND: „Wir haben damit eine dreifache Pestizid-Gefahr für Säugetiere wie den Gartenschläfer: Durch das Insektensterben ist für sie weniger Nahrung verfügbar. Mit dieser Nahrung aus Insekten nehmen sie Gift auf, das sich in ihrem Fettgewebe anlagert. Und zusätzlich droht ihnen Rattengift. Für den Schutz der Artenvielfalt brauchen wir deshalb dringend einen Kurswechsel beim Pestizideinsatz.“

Der BUND fordert die Bundesregierung auf, sich jetzt mindestens für eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 sowie ein Verbot der besonders gefährlichen Pestizide stark zu machen. Das Landwirtschaftsministerium müsse sich dafür national und auf EU-Ebene einsetzen, um die europäische Pestizid-Rahmenverordnung zu stärken und zu verabschieden. Gleichzeitig können Verbraucher:innen auch selbst sofort aktiv werden: Mit einem Verzicht auf Rattengift, Schneckenkorn und andere Pestizide sowie naturnahen Gärten helfen sie direkt, den Gartenschläfer zu schützen.

Das Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert.

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