Leuchtturmprojekt für Mobilität ohne Schadstoffe

Erstes Fahrzeug der größten Wasserstoffzug-Flotte der Welt vorgestellt

Vertreter aus Politik und RMV-Partnerunternehmen bei der Enthüllung des Zuges. - Foto: RMV-Pressestelle

18. November 2022

Frankfurt/Taunus (ut). Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) hat in Frankfurt gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing, Staatssekretär Jens Deutschendorf, dem Landrat des Hochtaunuskreises und stellvertretenden RMV-Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Krebs, dem persönlichen Referenten für Mobilität der Stadt Frankfurt Wolfgang Siefert, DB-Vorständin Evelyn Palla, dem Präsidenten der Alstom-Region DACH, Müslüm Yakisan, und Dr. Joachim Kresing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst, den ersten Brennstoffzellenzug präsentiert, der ab Dezember im Taunusnetz unterwegs ist. Nach Vorstellung des Zugs in der DB-Werkstatt Griesheim führte eine Probefahrt in den Industriepark Höchst zur neuen Wasserstofftankstelle von Infraserv Höchst.

Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr: „Wir müssen die Emissionen im Verkehr deutlich reduzieren, um unsere Klimaziele zu erreichen. Das heißt: Wir brauchen eine neue, effiziente, emissionsfreie Mobilität und insgesamt ein Energiesystem, das auf den Ausstoß von CO2 verzichtet. Wasserstoff ist insbesondere bei schweren Nutzfahrzeugen, Schiffen oder eben auch im Bahnbetrieb Teil der Lösung. Denn dank der H2-Technologie können wir künftig auch auf den Teilen des Netzes klimaneutral und leise unterwegs sein, bei denen eine Elektrifizierung zu aufwändig wäre. Ein echter Gamechanger.“

Jens Deutschendorf, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen: „Emissionsfreie Mobilität ist ein zentrales Element der Energiewende. Die weltweit größte Wasserstoffzug-Flotte, die von Dezember an sukzessive im Taunusnetz hier in Hessen unterwegs sein wird, ist ein Meilenstein nachhaltiger Mobilität. Denn hier wird eine klimafreundliche Alternative für alle diejenigen Strecken erprobt, auf denen eine Elektrifizierung über Oberleitungen nicht sinnvoll möglich ist. So wird der öffentliche Personennahverkehr nicht nur umweltfreundlicher als ohnehin schon, sondern auch noch leiser. Darum haben wir uns als Land Hessen mit mehr als 3 Millionen Euro an der Wasserstofftankstelle beteiligt.  Mein Dank gilt aber auch dem Bund und allen beteiligten Partnerinnen und Partnern, dass sie dieses wegweisende Projekt moderner Mobilität hier in Hessen finanziert und umgesetzt haben.“

Wolfgang Siefert, Yadir Salazar Mejia, Müslüm Yakisan, Dr. Joachim Kreysing, Evelyn Palla, Dr. Volker Wissing, Prof. Knut Ringat, Ulrich Krebs, Jens Deutschendorf (v.l.n.r.). – Foto: RMV-Pressestelle

„Der Einsatz von Wasserstoffzügen ist ein wichtiger Schritt in Richtung klimaneutraler Mobilität“, sagt Ulrich Krebs, Landrat des Hochtaunuskreises und stellvertretender RMV-Aufsichtsratsvorsitzender. „Die Strecken im Taunusnetz werden zukünftig mit den Wasserstoffzügen nicht nur emissionsfrei befahren, die modernen Triebfahrzeuge sind auch deutlich leiser als die Dieselfahrzeuge. Wir freuen uns daher ganz besonders, Teil dieses innovativen Projektes zu sein.“

„Frankfurt ist Verkehrsknotenpunkt von überragender Bedeutung – dass hier nun auch die weltgrößte Wasserstoffzugflotte betankt und gewartet wird, macht uns stolz und passt zur Wasserstoff-Region Rhein-Main. In Frankfurt testen wir bereits seit diesem Sommer Wasserstoffbusse im Lokalverkehr mit vielversprechenden Ergebnissen. Ich freue mich, dass der RMV nun die Technologie auf die Schiene bringt!“, sagt Wolfgang Siefert, persönlicher Referent Mobilität der Stadt Frankfurt.

„Wir bringen nicht nur die größte Wasserstoffzugflotte der Welt auf die Schiene, sondern lösen auch zum allerersten Mal in Hessen Züge mit Dieselantrieb durch Wasserstoff ab. Nach elektrisch betriebenen Zügen, E-Bussen und Wasserstoffbussen bieten wir unseren Fahrgästen damit eine weitere Möglichkeit, emissionsfrei zu reisen. Das ist ein Riesenschritt hin zu unserem klaren Ziel: Ab 2030 fordern wir in Ausschreibungen nur noch Fahrzeuge ohne Dieselantrieb – für eine Mobilität ohne Schadstoffe“, so RMV-Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung Prof. Knut Ringat.

Evelyn Palla, Vorständin Regionalverkehr DB-Konzern sagt: „Wir schicken fossile Kraftstoffe aufs Abstellgleis. Um den Regionalverkehr emissionsfrei zu machen, setzen wir auf Wasserstoff als Zukunftstechnologie. Und die Zukunft im Taunus steht schon vor der Tür: Ab Dezember fahren wir die weltweit größte Wasserstoffflotte. Unsere Reisenden sind dann klimaneutral unterwegs.“

Infraserv Höchst engagiert sich bereits seit mehr als 15 Jahren für Technologieprojekte, mit denen die Nutzung von Wasserstoff für nachhaltige, emissionsarme Mobilitäts- und Energieversorgungslösungen vorangetrieben wird. „Wir sind sehr stolz darauf, dass der Industriepark Höchst als Standort der neuen Wasserstoff-Infrastruktur zur Versorgung der Züge ein wichtiger Teil dieses Projektes ist“, sagte Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst.

„Emissionsfreie Mobilität ist eines der wichtigsten Ziele für eine nachhaltige Zukunft, und Alstom hat die klare Ambition, weltweit führend bei alternativen Antrieben auf der Schiene zu werden. Der erste Wasserstoffzug der Welt, der Coradia iLint, zeugt von einem klaren Bekenntnis zu grüner Mobilität in Verbindung mit modernster Technologie. Wir sind sehr stolz darauf, diesen Zug gemeinsam mit unseren starken Partnern in den Serienbetrieb zu bringen. In der Region Frankfurt wird so die größte Wasserstoffzug-Flotte der Welt fahren“, so Müslüm Yakisan, Präsident der Alstom-Region DACH.

Der Wasserstoffzug Coradia iLint beim Betanken. – Foto: RMV-Pressestelle

Weltweit erster Personenzug mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb

Der Coradia iLint der Firma ALSTOM ist weltweit der erste Personenzug, der mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben wird, die elektrische Energie für den Antrieb erzeugt. In der Traktionsbatterie werden der vorübergehend überschüssig erzeugte Strom sowie die bei Bremsvorgängen zurückgewonnene Energie zwischengespeichert. Die umfangreich und komfortabel ausgestatteten Triebfahrzeuge sind so leise wie Elektro-Triebfahrzeuge und lokal emissionsfrei, weil sie lediglich Wasserdampf und Wärme an die Umwelt abgeben.

Auf vier Linien durch den Taunus

Ab Dezember starten die ersten Fahrzeuge der insgesamt 27 Züge starken Flotte im Taunusnetz und werden zunächst auf der Linie RB15 eingesetzt. Die weiteren Fahrzeuge werden sukzessive bis zum Frühjahr geliefert und nach und nach in den Betrieb übernommen. Das Taunusnetz umfasst vier bislang teilweise nicht elektrifizierte Strecken:

  • RB11 (Frankfurt-Höchst – Bad Soden)
  • RB12 (Frankfurt – Königstein)
  • RB15 (Frankfurt – Brandoberndorf)
  • RB16 (Bad Homburg – Friedberg)

Die Linien werden von der Regionalverkehre Start Deutschland GmbH (start) betrieben. Die 100-prozentige DB-Tochter, die bereits erfolgreich zwei Netze in Norddeutschland betreibt, setzte sich in einer europaweiten Ausschreibung durch und löst im Dezember die bisherige Betreiberin, die Hessische Landesbahn GmbH, ab. Um bis zur vollständigen Auslieferung der Wasserstoffzüge den Betrieb im Taunusnetz zur Gänze sicherzustellen, wird die HLB übergangsweise die Linien RB11 und RB16 bis Ende April weiterbetreiben. Dies ist ein außergewöhnliches Engagement im Sinne der Fahrgäste.

Alstom übernimmt für diese Fahrzeuge die Instandhaltung und damit die Verantwortung für die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit über die gesamte Lebensdauer. Dabei werden die Arbeiten in Auftrag von Alstom von DB Regio in der DB-Werkstatt in Griesheim durchgeführt.

Beschafft wurden die Fahrzeuge über das Fahrzeugmanagement Region Frankfurt RheinMain GmbH (fahma), einer 100-prozentigen Tochter des RMV. Das Projektvolumen liegt bei ca. 500 Millionen Euro über 25 Jahre für Fahrzeugbeschaffung, Instandhaltung und Betrieb.

Infraserv Höchst, die Betreibergesellschaft des Industrieparks Höchst, hat neben den eigentlichen Betankungsvorrichtungen Wasserstoffspeicher und Verdichteranlagen errichtet, zudem wurden die Gleisanlagen im Industriepark erweitert. Wichtiger Bestandteil des Projekts ist auch der Bau eines Elektrolyseurs zur Wasserstoff-Produktion. Seit langem wird Wasserstoff im Industriepark Höchst als Nebenprodukt im Rahmen von Produktionsprozessen erzeugt.

Der Bund finanziert 40 Prozent der Fahrzeugmehrkosten, begrenzt auf 14,7 Mio. Euro, die im Vergleich zur Beschaffung herkömmlicher Dieselfahrzeuge anfallen. Damit leistet der Bund einen wichtigen Beitrag dazu, dass der RMV in der Fahrzeugbeschaffung auf alternative Antriebe setzen kann. Zudem fördert er direkt den Bau der Wasserstofftankstelle im Industriepark Höchst. Insgesamt unterstützt der Bund das Vorhaben mit 24,3 Millionen Euro.

Das Land Hessen fördert den Bau der grundlegenden Schieneninfrastruktur für die Wasserstofftankstelle mit rund 2,5 Millionen Euro, das sind knapp 60 Prozent der Kosten. Hinzu kamen 800.000 Euro für vorbereitende Gutachten und eine mobile Zugbetankungseinrichtung.