Katerfrühstück – Marliese Bernecker erhält posthum das schwarze Band in „Samt und Seide“

28. Februar 2023

Bad Homburg (es). Nach dreijähriger Pause fand am 22. Februar 2023 wieder das Katerfrühstück statt. Ursprung hat es in der Mitte der fünfziger Jahre. Damals trafen sich alljährlich am Aschermittwoch Mitglieder des HCV Elferrates zum Heringsessen, bei dem nur Wasser getrunken wurde. Von den Teilnehmer:innen wurde ein schwarzes Band zur Abdeckung der Druckstellen der Narrenkappe getragen. Denn es soll Zeitgenossen gegeben haben, die ihre Narrenkappe auch nachts zum Schlafen angelassen haben.

Dieser Brauch brachte den Initiator und Herausgeber des ‚Taunus-Kuriers‘, Helmuth Bernecker, auf den Gedanken, eine Auszeichnung besonderer Art zu schaffen, die alljährlich an eine „durch Wohnsitz oder Wirken mit Bad Homburg verbundene Persönlichkeit“ verliehen werden sollte, die „die Narrheit im Ernst der Zeit erkannt und ihr in Tun und Lassen Rechnung getragen hat“. Seit 1995 hat die Aktionsgemeinschaft Bad Homburg die Schirmherrschaft dieser Tradition übernommen, doch sowohl damals wie auch heute wurde der Preisträger bis zur Veranstaltung geheim gehalten.

Das schwarze Band in „Samt und Seide“ wurde diesmal posthum an Marliese Bernecker, der Ehefrau von Helmuth Bernecker verliehen. Aufgestellt wurde ein Bild der verstorbenen Preisträgerin, geschmückt mit einem Trauerflor. Peter Löw und Eberhardt Schmidt-Gronenberg, beide im Vorstand der Aktionsgemeinschaft Bad Homburg, legten das Schwarze Band vor das Bild.

Zu trinken gab es Wasser aus dem Elisabethenbrunnen. Das sehr salzige und leicht prickelnde Wasser wird zur Behandlung von Magen- und Darmerkrankungen eingesetzt. Passte also durchaus zu einem Katerfrühstück und trotz mancher gerümpften Nase war die Stimmung sehr heiter. Johannes Hübner, der die Teilnehmer:innen mit „Lobenswerte Davongekommene, liebe Gäste“ ansprach, wurde in seiner Rede zu den vergangenen Ereignissen in Bad Homburg von Rainer Pfaff musikalisch begleitete. „Sie sind hier, um sich mit dem Jahresrückblick zu erfreuen. Manchmal darf er aber auch schmerzen, denn der Aschermittwoch leitet die Zeit der Entbehrungen ein“, so die einleitenden Worte und ergänzend: „Diese traditionsreichste Veranstaltung ihrer Art ist zwischen dem ‚Orden wider den tierischen Ernst‘ in Aachen und manch neuerem Orden die einzige Auszeichnung, die kritisch würdigt, ohne zu verletzen“, so Hübner.

Er sprach die Krisen des Jahres an: die Homburger Finanzkrise, die Wasserknappheit im Sommer, die Energie- und die Klimakrise und welche Auswirkungen alles auf die Stadt hatte. „Mehrere Gebäude werden in den ukrainischen Landesfarben beleuchtet und angesichts der Farbgebung blau und warm Gelb vermuten Unbedarfte neue Mehrheiten für die FDP“, so Hübner süffisant.

Der Bau der neuen Sporthalle in Ober-Eschbach und der damit verbundene Streit um den von der Stadt vorgeschlagenen Namen „Sportzentrum Süd“, der vom Ortsbeirat abgelehnt wurde, weil er lieber den Namen des letzten Bürgermeisters vor der Eingemeindung „Albin-Göhring-Halle“ beibehalten wollte, kommentierte Hübner satirisch: „Es scheint egal, dass man in Reportagen ‚Sportfest in der Göhring-Halle‘ übel missverstehen könnte…“ Außerdem stellte er fest, dass die vielen Straßenbauarbeiten auch für Ortskundige ein recht gutes Navi notwendig machten.

Dann verlas Laudator Peter Löw, die Rede, die von Ex-OB Michael Korwisi (Grüne) stammte, der leider kurzfristig absagen musste. „Marliese Bernecker war eine würdige Person für die Verleihung des Schwarzen Bandes. Sie hat im Grunde das Katerfrühstück in ihrer Küche in der Höhestraße 9 am Aschermittwoch erfunden“, vermerkte er. Es werde viel geredet, ohne dass Taten folgen und mit dem Schwarzen Band wurde eine Auszeichnung entwickelt, das die Preisträgerin selbst 43 Mal um die Köpfe der Preisträger gelegt hat. Als ihr Mann Helmuth starb, hat sie die Tradition weitergeführt und obendrein von 2014 bis 2019 die Laudatio geschrieben. „Aber“, so zitierte Löw, „anders als mein Mann, weil ich kein Meister des geschliffenen Wortes bin und kein Hochdeutsch kann. Will ich aber auch nicht.“ Diese Begebenheiten sind der Grund, ihr nun das Schwarze Band zu verleihen.

Ihr Enkel Oliver Rudolf hielt die Dankesrede und freute sich, dass die Verleihung auch nach dem Tod seiner Großmutter weiter geht. Er schilderte, wie schwer es seine Großmutter hatte, als ihr Vater gestorben war. Aufgrund dessen stieg sie bereits in jungen Jahren in den Getränkehandel ein. Doch es stellte sich heraus, dass sie immer eine starke Frau war, die sich durchsetzen konnte. Nie hatte sie Angst ihre Meinung zu sagen oder eine offene Konfrontation zu meiden.

Rudolf: „Ihren Kopf durchsetzen konnte sie. Wenn sie etwas wollte oder nicht wollte, dann sprach sie im majestatis pluralis: Das wollen wir nicht!“ Verstärkt, so Rudolf, hat sie ihre Aussagen mit den Worten ‚nein‘ oder ‚bestimmt‘: „Nein – das wollen wir bestimmt nicht!“ Auch sein Großvater sei eine starke Persönlichkeit gewesen und daher habe es bei Marliese und Helmuth Bernecker immer mal Konflikte gegeben. In Bezug auf das Katerfrühstück und weitere Unternehmungen habe jedoch immer große Einstimmigkeit geherrscht. So holten sie auch die Rallye Monte Carlo Historique nach Bad Homburg und initiierten die Windhundrennen. Am Ende dankte Oliver Rudolf allen, die diese Traditionen im Sinne seiner Großeltern weiterführen.