Kämpfer, Köche, Kunsthandwerker – Römisches Lagerleben auf der Saalburg

 6. Mai 2023

Bad Homburg (pit/es). Strahlender Sonnenschein lockte vor allem am vergangenen Sonntag, 30. April, aber auch am darauf folgenden Montag viele Besucher:innen zur Saison-Auftaktveranstaltung des Römerkastells Saalburg. Unter der Überschrift „Römisches Soldatenlager“ waren drei Römergruppen angereist, die auch zivile Gruppen mitgebracht hatten und ließen Groß und Klein in das Lagerleben eines römischen Grenzkastells eintauchen. Dabei konnten sie die Ausstattungen von Legionären und Hilfstruppen vergleichen oder sogar selbst mal ein Kettenhemd oder martialisch anmutenden Helm anprobieren. Überhaupt: Wie hat sich die Ausrüstung im Laufe der Jahrhunderte verändert und wie sah zum Beispiel der Alltag eines gallischen Hilfstruppensoldaten aus? Auf der anderen Seite auch Antworten auf Fragestellungen, mit was für Gewürzen die Römer kochten oder wie Handarbeiten hergestellt wurden, womit gespielt wurde.

Elke hat zum Beispiel zahlreiche Gläschen mit Gewürzen vor sich auf dem Tisch stehen: „Sie alle sind uns durch Rezepte überliefert.“ Nebenan ist Lykke (die Glückliche), die zeigt, wie sie an einem Sprang arbeitet: „Das ist eine Mischung zwischen Weben und Makramee.“ Das sei eine Technik, die selten gezeigt werde: „Sie ist eher im kunsthandwerklichen Bereich angesiedelt.“ An weiteren Ständen wiederum die Ausstellung von kosmetischen Artikeln oder Schmuck.

An anderer Stelle ein Signalgeber, der vorführt und erklärt, wie Fanfaren unterschiedliche benutzt werden. Mit den Signalen konnten alle zum Angriff oder Rückzug aufgefordert werden. Dadurch bewegten sich alle gleich und das sollte den Gegnern Angst machen. Es gab aber auch eigens erdachte Signale für das jeweilige Heer. So wussten alle, was zu tun ist und der Feldherr steuerte einheitlich seine Soldaten.

Marcus Papyrius Calvus (der Kahle) wiederum verkörpert einen Soldaten, der für den Schreibdienst eingeteilt ist – einen Benefiziarier, der dem Praefectus Castrorum zugeordnet ist. Einem Jungen zeigt er, wie eine Schriftrolle gehandhabt wird und erklärt: „Das ist eigentlich ein antikes Buch, in dem Sachen aufgeschrieben wurden, die man lange aufbewahren wollte.“ Für weniger langlebige Notizen wurden Wachstafeln verwendet. Auch die Funktionsweise eines Abakus‘ bekommen seine Zuschauer erläutert.

Einige Schritte weiter werden 800 Jahre Geschützentwicklung und die Funktionsweisen von Gastraphetes, Scorpio und Co. erläutert und vorgeführt: „Angefangen haben die Griechen 400 vor Christus mit dem Gastraphetes, einem Skythischen Bogen auf Gestell.“ Dieser sei bis in die Spätantike benutzt worden und auch Alexander der Große habe solche Waffen auf seinen Eroberungszügen dabeigehabt. Irgendwann sei ein anderes, stärkeres System benötigt worden, das Torsionsgeschütz wurde entwickelt: „Das kann beliebig groß gebaut werden.“ Bei der Belagerung von Jerusalem sei es eingesetzt worden und schleuderte Steine von bis zu 33 Kilogramm Gewicht. Im zweiten Jahrhundert nach Christus wurde schließlich die Arcuballista entwickelt, nach der später die mittelalterliche Armbrust gebaut wurde. Das Wissen um all diese Waffen stamme aus antiken Bauanleitungen und wurde durch Handschriften überliefert.

Ein Schwerttraining wurde demonstriert. Dabei gab es einen in den Boden gerammten Pflock, der mit einem Leinen umwickelt war. Der Bereich oberhalb des Tuches entsprach der Brust und der unterhalb den Weichteilen, beziehungsweise den Beinen. Der Trainer zeigte mit einem Stock, wohin der Übende mit seinem Schwert stechen sollte. Dies wurde dann immer schneller und ein potenzieller Gegner wusste nicht, wohin der Römer stach: „Dieses Zustechen war dann auch die bevorzugte Angriffsart, weil das Schild gut vor den Oberkörper gehalten werden konnte. Führte man einen Hieb von oben, dann gab mach seine Deckung auf.“

Obendrein erfuhren die Besucher:innen, dass ein gut genährter römischer Soldat im Durchschnitt 172 Zentimeter groß war und mit einer Schuhgröße 42 durchaus den heutigen Größenverhältnissen entsprach. Und das Klima war innerhalb der Römischen Reiches für den Anbau von Nahrungsmitteln günstig. Die schlecht ernährten Gegner oder vergleichsweise die Menschen im Mittealter waren durch das geringe Nahrungsangebot erheblich kleiner. Auch die Kleidung wurde vorgeschrieben. Wer sich nicht daran hielt, konnte schwer bestraft werden. Ein Nicht-Römer sogar mit dem Tode.

„Wir hatten an beiden Tagen insgesamt über 3500 Besucher – und das waren eigentlich mehr als erwartet“, sagt Museumsleiter Dr. Carsten Amrhein. Am Sonntag seien es mehr als am Montag gewesen, denn üblicherweise koste das Radrennen am 1. Mai erfahrungsgemäß doch einige Besucher.