Schulvorführung – Kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Faire Trade

2. Oktober 2023

Bad Homburg v. d. Höhe (es). Als die rund 100 Schüler:innen, die zu dieser Fair Trade Veranstaltung gekommen waren, bemerkten, dass Oberbürgermeister Alexander Hetjes das Kino betrat, riefen die ersten: „Ich will ein Selfie!“ Immer mehr von ihnen kamen von den Rängen und umringten ihn.

Anschließend konnte die Veranstaltung mit einem Grußwort von Hetjes beginnen. Er dankte Pascal Maiwald, dem Leiter des hiesigen Kinopolis‘, der das Filmtheater hierfür öffnete und lobte auch die Mülltrennung im Kino. „Seit 2015 ist Bad Homburg Fair Trade Stadt und versucht dies auch mit Leben zu füllen“, so Hetjes. Zu den vielen anderen Aktivitäten gehöre es, nur noch fair gehandelten Kaffee im Rathaus anzubieten. Mit wissendem Blick auf die kurz bevorstehende Filmpräsentation, eine Produktion des SWR, wies er darauf hin, dass dieser Streifen sehr schockierende Szenen zeige.

Anschließend übernahm die City Managerin Tatjana Baric die Moderation. Sie schilderte die Anfänge der „Dritte Welt Läden“ und die ständige Weiterentwicklung der Fair Trade Bewegung. Auch in Bad Homburg gebe es neben dem Fair Trade Laden auch viele Geschäfte, die entsprechend gehandelte Waren anbieten. Überdies begrüßte sie die Referentin Anke Beutel vom INKOTA-netzwerk e.V., die extra aus Berlin angereist ist.

Der anschließend gezeigte Film „Dreckiges Leder – Wie unsere Schuhe gemacht werden“ zeigt eine Spurensuche, die von Vielen boykottiert wurde. Keiner der darin zu Wort kommenden großen Schuhhersteller und -verkäufer wollte sich zu der Frage äußern, woher das Leder für die Schuhe kommt. Nach Überprüfung der so genannten „shipping lists“ wurden Leder- und Schuhfabriken in Indien identifiziert.

Zunächst in Indien wiederum niemand Filmaufnahmen genehmigen. Schließlich gelang es dem Team doch noch Bilder zu zeigen. Beispielsweise sah man, dass die Arbeitenden keinerlei Schutzkleidung trugen und die gesundheitsschädlichen Dämpfe direkt einatmeten oder in den Abwässern barfuß stehen musste.

In einer 10.000 Einwohner zählenden Stadt – diese Einwohnerzahl entspricht zum Beispiel der der Stadt Steinbach im Hochtaunuskreis – gab es lediglich fünf Toiletten und nur alle drei Tage Wasser an den Brunnen. Die Arbeiter:innen verdienen zwischen 80 und 100 Euro im Monat und können sich die Schuhe, die sie herstellen nicht leisten. Leder, das in Deutschland hergestellt wird, kostet etwa doppelt so viel und ist deshalb nicht konkurrenzfähig. Zu sehen ist der Film hier.

Nach Filmende berichtete Anke Beutel, dass sie früher in der Bekleidungsindustrie gearbeitet habe. Während der Corona-Pandemie hätten sich die Hersteller von Bekleidung regelrecht gefreut, dass Bangladesch die Hygienemaßnahmen für die Bekleidungsfabriken ausgesetzt hatte.

Der Mindestlohn beträgt 65 Euro pro Monat und die Begrenzung der Arbeitszeit wurde aufgehoben. So arbeiteten die Beschäftigten bis zu 70 Stunden pro Woche. Abhilfe könnte ein Lieferkettengesetz bringen. Das 2021 beschlossene umfasst nur Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Das sind nicht sehr viele.

Die Kinder durften Fragen stellen oder Anmerkungen machen. So ergab die Diskussionsrunde, dass ein Deutscher im Durchschnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr kauft, jedoch nur fünf wirklich benötige. Auch die Macht des Einzelnen wurde am Beispiel der Pelzindustrie angesprochen. Durch viele kleine Boykotte und Maßnahmen sind Pelze fast verschwunden und die tierquälende Massentierhaltung fast verschwunden.

Ein lebhafter Austausch zu einem schwierigen Thema, das künftig sicherlich noch den ein oder anderen Teilnehmenden beschäftigen wird.